Die Ampel-Koalition hat mit Bundesverkehrsminister Volker Wissing (parteilos) entscheidende Entwicklungen in der Bahnpolitik angestoßen. Rekord-Investitionen ins Schienennetz, Deutschland-Ticket und die Schaffung einer gemeinwohlorientierten Infrastruktur-Sparte wertet die „Allianz pro Schiene“ als Errungenschaften, die über die Legislaturperiode hinausweisen und weiterentwickelt werden sollten. Versäumt hingegen wurde aus Sicht des Verkehrsbündnisses eine Reform der Trassenpreise, ein gestaltender Zugang zum Bundesverkehrswegeplan – Stichwort Verkehrsprognose – sowie die Fertigstellung des Moderne-Schiene-Gesetzes.
Erfolge für die Schiene
Vom 9-Euro-Ticket zum Deutschland-Ticket: Was ursprünglich als Teil eines befristeten Entlastungspakets für die Bürger gedacht war, wurde einige Monate später zum Deutschland-Ticket weiterentwickelt. Dazu sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, am 19. Dezember 2024 in Berlin: „Es ist dem Einsatz von Volker Wissing zu verdanken, dass die Bundesregierung das verkehrspolitische Potenzial eines einfachen, günstigen und bundesweit gültigen Nahverkehrs-Tickets erkannt hat. Die bislang 13 Mio. Nutzer sind ein Riesenerfolg. Die nächste Bundesregierung sollte das DeutschlandTicket zu einem dauerhaften Angebot machen, dessen Finanzierung nicht ständig neu in Frage gestellt wird.“
Finanzierung Infrastruktur: Die Bundesregierung hat im Jahr 2024 so viel in das deutsche Schienennetz investiert wie noch keine ihrer Vorgänger-Regierungen (siehe Grafik). Mit entscheidend dafür war, dass der Finanzierungs-Kreislauf „Straße finanziert Straße“ bei der Lkw-Maut aufgebrochen wurde und Mittel aus der Maut seit 2024 auch wieder für Alternativen zur Straße verwendet werden dürfen. Der starke Anstieg bei den Schienen-Investitionen war wegen des großen Rückstaus überfällig, aber nicht selbstverständlich. Flege: „Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat eine Wende eingeleitet und trotz schwieriger Haushaltslage erreicht, dass ein deutlich höheres Investitionsniveau möglich wurde. So wurde auch der Grundstein für die umfassenden General-Sanierungen gelegt.“ Entscheidend sei laut Flege, dass die Nachfolge-Regierung diesen Investitionstrend fortsetzt und längerfristige Finanzierungs-Sicherheit durch einen mehrjährigen Fonds schafft.
Gemeinwohl-orientierte Infrastruktur: Die Schaffung der DB InfraGO AG zum Jahresbeginn 2024 war ein erster Meilenstein auf dem Weg zu einer grundlegenden Reform. Gemeinwohl-Orientierung bedeutet, der Bund muss die Schienen-Infrastruktur so entwickeln, dass deutlich mehr Menschen und Güter auf der Schiene transportiert werden können. Ein leistungsfähigeres Netz muss also im Mittelpunkt stehen. Was nun noch fehlt, ist ein klares Steuerungskonzept des Bundes mit entsprechenden Kennzahlen. Hier muss in der nächsten Legislatur rasch ein Konzept her.
Verpasste Chancen für die Schiene
Moderne-Schiene-Gesetz: Es stockt beim Neu- und Ausbau auf der Schiene, bei der Elektrifizierung und bei der Digitalisierung geht es nicht voran, und reaktiviert werden meist nur wenige Kilometer pro Jahr. Das Moderne-Schiene-Gesetz, an dem schon viele Monate gearbeitet wurde und das zentrale Empfehlungen der Beschleunigungs-Kommission Schiene umsetzen sollte, hätte den nötigen Schienen-Ausbau deutlich vereinfachen können. Wegen des vorzeitigen Regierungsendes kam es jedoch nicht über Vorüberlegungen hinaus.
Trassenpreise: Die Trassenpreise haben sich in der zu Ende gehenden Legislatur zu einem gewaltigen Problem für die Branche entwickelt. Insbesondere der Güter- und der Fernverkehr leiden unter der exorbitant gestiegenen Schienenmaut. Ein wesentlicher Grund dafür ist die Entscheidung der Bundesregierung, Infrastruktur-Investitionen in die Schiene in immer größerem Umfang durch Erhöhungen des Eigenkapitals der Deutschen Bahn zu finanzieren – mit entsprechenden Folgen für die Trassenpreise. Flege: „Die nächste Bundesregierung muss die Aufwärtsspirale bei den Trassenpreisen durchbrechen. Es braucht eine Reform der Trassenpreise, damit die Schiene wettbewerbsfähig bleibt und Klimaziele eingehalten werden können.“
Bundesverkehrswegeplan: Bislang ist es in Deutschland gängige Praxis, den künftigen Infrastruktur-Bedarf bei Schiene und Straßen primär aus Prognosen abzuleiten. Die Allianz pro Schiene kritisiert diesen Ansatz als antiquiert. Flege: „Anstatt Prognosen hinterherzubauen, gilt es umgekehrt zu fragen: Wo wollen wir in 20 Jahren stehen, vor allem mit Blick auf die Energie- und Klimaziele? Welche Infrastrukturen brauchen wir dafür? Und was bedeutet das für den künftigen Verkehrsträger-Mix? Leider wurde dieser gestaltende Ansatz noch nicht auf den Bundesverkehrswegeplan übertragen.“ Die nächste Bundesregierung sollte nach Ansicht des Verkehrsbündnisses zeigen, dass ein zielorientierter, gestaltender Ansatz bei der Bundesverkehrswegeplanung möglich ist.
Text: Allianz pro Schiene/red, Bild: Allianz pro Schiene