Wenig Aufwand, große Wirkung: Vor knapp 20 Jahren wurden in Schleswig-Holstein die beiden Nebenstrecken Neumünster – Heide (Holst) und Heide – Büsum betrieblich miteinander verknüpft. Seitdem kommen Reisende aus der Mitte des Bundeslands umsteigefrei ins Nordseeheilbad Büsum und Fahrgäste von der Küste direkt in das knapp 80.000 Einwohner zählende Oberzentrum Neumünster. Die als RB 63 bezeichnete Verbindung wird von der NBE Nordbahn Eisenbahngesellschaft mbh & Co. KG (nordbahn) betrieben, einem Tochter-Unternehmen der AKN Eisenbahn GmbH und der BeNEX GmbH. Bisher wurden klimatisierte DieselTriebzüge des Typs Coradia Lint von Alstom eingesetzt, die am 10. Mai 2024 von batterie-elektrischen Einheiten des Typs FLIRT Akku ersetzt wurden. Die lokal emissionsfrei fahrenden Einheiten des Herstellers Stadler werden an der Oberleitung in Neumünster sowie an einer neu errichteten Oberleistungsinsel in Heide geladen.
Rückblick
Die am 22. August 1877 eröffnete Querverbindung von Neumünster nach Heide galt lange Zeit als Sorgenkind unter Schleswig-Holsteins Nebenbahnen: Noch Anfang der 1990er Jahre wurde die Stilllegung der Strecke diskutiert, die quer zu den Verkehrsströmen nach Itzehoe und Hamburg verläuft. Alte Schienenbusse der Baureihe 798 erbrachten den Schülerverkehr, samstagnachmittags und sonntags ruhte der Betrieb. Um den SPNV kostengünstiger zu gestalten, übernahm die AKN, die den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein gehört, im Mai 1993 für zehn Jahre den Betrieb und die Infrastruktur von der Deutschen Bahn. Neue VTA-Triebzüge lösten die Schienenbusse ab, schrittweise erhielten alle Stationen neue, 76 cm hohe Bahnsteige, zudem wurde ein neuer Fahrplan eingeführt. Erstmals wurde die Strecke nun im Zweistundentakt bedient, auch samstags und sonntags, hinzu kamen werktägliche Verstärkerfahrten von Neumünster nach Hohenwestedt, die hier einen Stundentakt ergaben.
Von den Nullerjahren bis heute
Anfang der Nullerjahre wurde die Strecke von Neumünster nach Heide zusammen mit der Stichbahn von Heide nach Büsum ausgeschrieben. Die Zugleistungen gingen 2003 an die Schleswig-Holstein-Bahn GmbH (SHB), ein Tochterunternehmen der AKN, die mit neuen Coradia Lint auf beiden Linien fortan durchgehend unterwegs war. Nach einer erneuten Ausschreibung wurde der Betrieb seit Ende 2011 von der nordbahn erbracht, die mit den bisherigen SHB-Triebzügen weiterfuhr. Auch aus der dritten Ausschreibung ging die nordbahn erfolgreich hervor: Von Ende 2023 bis 2035 pendelt das Unternehmen weiterhin zwischen Neumünster und Büsum. Neu sind die Akku-Züge, die der nordbahn von der NAH.SH, dem Aufgabenträger des Landes Schleswig-Holstein, zur Verfügung gestellt werden.
Die 20 Jahre alten Lint, von der nordbahn stets bestens gepflegt, waren bis zum letzten Einsatztag immer noch zeitgemäß. Lediglich die fehlenden Spaltüberbrückungen an den Türen verrieten das Alter der zweiteiligen Einheiten. Jetzt begeistern die spurtstarken, leisen und „sauberen“ FLIRT Akku auf der Fahrt von Neumünster an die Küste. Höhepunkt der Reise ist die Überquerung der Grünentaler Hochbrücke über den Nord-Ostsee-Kanal. In Büsum enden die Züge am Rand der Altstadt, der Fußweg zum „grünen Strand“ am Deich führt mitten durch die belebte Fußgängerzone.
Text: Tim Schulz, Bild: NBE Nordbahn Eisenbahngesellschaft mbh & Co. KG