Nicht immer reicht das Reisendenpotenzial einer Nebenbahn für einen hochwertigen Stundentakt aus. In diesem Fall kann sich die Einrichtung eines täglichen Grundangebots lohnen, das nicht nur die Reisewünsche von Ausflüglern und Touristen abgedeckt, sondern auch Schülerverkehre und Einkaufsfahrten ermöglicht. Ein Beispiel dafür ist auf der Schwäbischen Alb rund um die Kleinstadt Münsingen zu finden: Das Mittelzentrum mit 14.000 Einwohnern ist seit 2019 wieder täglich auf der Schiene zu erreichen. Dafür wurde das Angebot auf der Nebenbahn Schelklingen – Münsingen – Engstingen – Gammertingen, die in Schelklingen von der DB-Strecke Ulm – Sigmaringen abzweigt, in zwei Schritten spürbar ausgeweitet.
Wurde zwischen Schelklingen und Münsingen bisher nur an Schultagen sowie an Sommer-Wochenenden gefahren, sind auf diesem Abschnitt seit dem 9. Juni 2019 täglich mindestens vier Zugpaare unterwegs. Ebenfalls täglich sind ein bis zwei Zugpaare davon bis/ab Ulm durchgebunden, sodass Studierende umsteigefrei in die Universitätsstadt kommen und Ausflügler direkt auf die Schwäbische Alb.
Zum 15. Dezember 2019 wurde der Streckenabschnitt zwischen Engstingen und Gammertingen reaktiviert, auf dem bisher nur Freizeitverkehr stattfand. Zuvor hatte man die Gleise aufgearbeitet und am Schulzentrum in Großengstingen sowie in Trochtelfingen neue Bahnsteige errichtet. In Haidkapelle entstand zudem ein neuer Kreuzungsbahnhof. Zwischen Münsingen und Gammertingen fahren an Schultagen nun sechs Zugpaare, an Ferientagen drei. An Wochenenden und Feiertagen werden auf dem Abschnitt Münsingen – Engstingen drei bis fünf Zugpaare angeboten.
Mit dem neuen Fahrplankonzept kann die Achse von Ulm über Münsingen nach Gammertingen täglich und ganzjährig genutzt werden. Am Bahnhof Münsingen entstand das Biosphärenzentrum Schwäbische Alb, in dem Infos zu Wanderungen und Radtouren erhältlich sind und E-Bikes gemietet werden können. Die Verkehrsleistungen auf der zirka 85 km langen Verbindung werden von der Schwäbische Alb-Bahn GmbH (SAB) erbracht. Das Unternehmen wurde im April 2019 für neuneinhalb Jahre vom Verkehrsministerium Baden-Württemberg beauftragt. Jährlich werden 228.000 Zugkilometer gefahren, zum Einsatz kommen modernisierte NE81-Triebwagen. Infrastruktur-Unternehmen des Abschnitts Schelklingen – Engstingen ist die Erms-Neckar-Bahn AG (ENAG), die die Strecke von der DB gepachtet hat. Das Teilstück von Engstingen nach Gammertingen gehört der landeseigenen Südwestdeutschen Landesverkehrs-AG (SWEG).
Text: Tim Schulz, Bild: Regionalverkehr