
Seit der Inbetriebnahme der meterspurigen Brohltalbahn in den Jahren 1901 (Brohl – Engeln) bzw. 1902 (Verlängerung bis Kempenich) wurde der Personenverkehr in gemischten Zügen abgewickelt, das heißt Güter- und Personenwaggons wurden gemeinsam befördert. Die langsame Fahrgeschwindigkeit führte in Kombination mit den häufigen Rangiermanövern in fast jedem Bahnhof zu unerträglich langen Reisezeiten von über zwei Stunden. Abhilfe schuf erst ein für damalige Zeiten hochmoderner Triebwagen, der deutlich günstiger unterwegs war als herkömmlich Dampfzüge – Güter- und Personenverkehr konnten auf diese Weise voneinander getrennt werden.
Triebwagen revolutioniert Personenverkehr
Im Winter 1924 bestellte die Brohltal-Eisenbahn AG (BEG) bei den Deutschen Werken Kiel (DWK) den noch heute vorhandenen Triebwagen VT 50. Das mit einem 150 PS starken Mercedes-Motor ausgestattete Fahrzeug beeindruckte bei seiner Inbetriebnahme am 5. Juni 1925 mit einer für Schmalspurbahnen außergewöhnlich großen Länge von 18 m. Außerdem erzielte er eine Höchstgeschwindigkeit von sagenhaften 35 km/h. Noch am gleichen Tag nahm die BEG den fahrplanmäßigen Betrieb mit dem neuen Triebwagen auf, der mit einer elektrischen Beleuchtung, Innenwänden aus poliertem Holz und gedämmten Außenwänden auch in Sachen Reisekomfort neue Maßstäbe setzte (auch wenn die Sitze weiterhin aus Holzlatten bestanden). Die Reisezeit auf der 23 km langen Strecke bis Kempenich konnte auf eine Stunde und zehn Minuten reduziert werden.
Ausweitung des Angebots
Was den Reisenden kürzere Fahrzeiten bescherte, senkte zugleich auch den betrieblichen Aufwand: Mit nur einem einzigen Fahrzeug war es der BEG nun möglich, den Fahrplan gegenüber dem vorherigen Dampfbetrieb auszuweiten und bis zu fünf Triebwagenfahrten pro Richtung anzubieten. Zusätzliche Haltepunkte in Burgbrohl West und Niederzissen West verkürzten zugleich die Fußwege der Reisenden. Der Triebwageneinsatz kann also ohne Übertreibung als Revolution im Personenverkehr der Brohltalbahn bezeichnet werden.
Experiment Holzgasantrieb
Angetrieben wurde der VT 50 zu Beginn mit Benzol, wobei von einem Verbrauch von 100 Litern pro 100 km berichtet wird. Um die hohen Kosten des Brennstoffs zu senken, baute die BEG das Fahrzeug 1932 zusammen mit der Firma Imbert-Gas aus Köln als erstes Eisenbahn-Fahrzeug in Europa auf einen Holzgasantrieb um. Dieser neuartige Antrieb bewährte sich nach anfänglichen Schwierigkeiten sehr gut und führte zu Einsparungen beim Brennstoff von 75 %. Entsprechend groß war das Interesse der Fachwelt im In- und Ausland. Vorträge auf Fachtagungen und Beiträge in der zeitgenössischen Wochenschau unterstrichen die Pionierleistungen der BEG.
Allerdings führte der neue Antrieb auch zu einem schnelleren Verschleiß von Generator-Teilen und zu häufigen Brüchen an Kurbelwellen oder Pleuelstangen. 1935 entschloss sich die BEG daher zum Kauf zweier gebrauchter Benzol-Triebwagen der Köln-Bonner Eisenbahnen AG (KBE). Nach anfänglichen Überlegungen, auch diese mit einem Holzgasantrieb auszustatten, entschied man sich schließlich, die Triebwagen schrittweise auf einen modernen Dieselantrieb umzubauen. Infolgedessen wurde die Antriebsanlage des VT 50 im Jahre 1937 ausgebaut und der Triebwagen fortan als Beiwagen VB 50 eingesetzt – in dieser Form ist das Fahrzeug noch heute aktiv.
Keimzelle des Vulkan-Express
Nachdem die BEG den Personenverkehr ab dem 1. Oktober 1961 auf bahneigene Omnibusse verlagert hatte, blieb der VB 50 als einziger Personenwagen bei der BEG erhalten. Er wurde für die jährliche Bereisung durch die Eisenbahnaufsicht sowie für gelegentliche Sonderzüge eingesetzt, fristete ansonsten aber ein Schattendasein.
Wachgeküsst wurde der Wagen 1977, als die BEG mit der Diesellok D 4 und dem VB 50 den Vulkan-Express als touristischen Ausflugszug aus der Taufe hob. Bis zur Inbetriebnahme des offenen Cabriowagens 458 im Jahr 1985 und dem Zukauf weiterer Personenwagen nach Gründung der Interessengemeinschaft Brohltal-Schmalspureisenbahn e. V. (IBS) 1987 blieb das Fahrzeug der einzige Personenwagen des neuen Ausflugszuges.
Im Jahr 2001 hat die IBS den VB 50 in einer Fachwerkstatt in Plzeň (Tschechien) umfangreich aufarbeiten lassen, sodass er bis heute bei besonderen Anlässen wie Hochzeiten oder Eventfahrten eingesetzt werden kann. Seit dem 16. Mai 2025 verkehrt er – wie schon 1977 – wieder vereint mit der im Herbst 2023 nach 36 Jahren aus der Schweiz zurückgekehrten Diesellok D 4 als „Vulkan-Express Classic“ auf den Brohltaler Meterspurgleisen.
Weitere Informationen
Im Oktober soll das 100-jährige Jubiläum des VT/VB 50 mit einer kleinen Festveranstaltung gewürdigt werden. Wer das Brohltal mit den Vulkan-Express-Zügen erkunden möchte, findet hier den Fahrplan und die Fahrtage.
Text: Brohltal-Schmalspureisenbahn Betriebs-GmbH/red, Bild: Walter Brück