Das spätgotische Holstentor in Lübeck und das barocke Berliner Tor im polnischen Szczecin liegen 287 Eisenbahn-Kilometer voneinander entfernt. Die beiden Hansestädte markieren die Endpunkte der Stadttore-Linie, die von der schleswig-holsteinischen Trave einmal quer durch Mecklenburg-Vorpommern an den deutsch-polnischen Grenzfluss Oder führt. Auf seiner knapp fünfstündigen Reise, die über Bad Kleinen, Bützow, Güstrow, Teterow, Malchin, Neubrandenburg und Pasewalk verläuft, hält der RE 4 an 34 Stationen. Eingesetzt werden moderne Coradia Lint der Baureihe 623, die mit komfortablen Sitzen ausgestattet und klimatisiert sind. Das Besondere am RE 4 ist neben dem langen Laufweg seine ausgeprägte Verknüpfungs-Funktion. Nicht nur die Großstädte Lübeck und Szczecin werden miteinander verbunden, sondern auch viele Klein- und Mittelstädte entlang der Strecke, außerdem mehrere Neben- und Hauptbahnen.
Betrieben wird der RE 4 von der Bahn-Tochter DB Regio Nordost, die das so genannte Netz „Ost-West“ zwischen Lübeck und Szczecin in einer Ausschreibung des Aufgabenträgers Verkehrsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern (VMV) gewonnen hatte. Im Frühjahr 2016 wurde die Verbindung auf den Namen Stadttore-Linie getauft, zugleich gingen 17 fabrikneue Alstom Coradia Lint an den Start.
Historische Stadttore, meist liebevoll restauriert und immer einen Zwischenstopp wert, stehen neben den Endpunkten auch in vielen Städten unterwegs, darunter das Malchiner Tor in Teterow, das Kalensche Tor in Malchin und die vier Stadttore in Neubrandenburg. Der RE 4 erschließt nicht nur das ländliche Mecklenburg-Vorpommern mit seinen reizvollen Seenlandschaften, sondern stellt auch den Anschluss an die weite Bahnwelt her. Unter anderem kann in Lübeck in Züge nach Hamburg, Kiel und Büchen umgestiegen werden, in Bad Kleinen bestehen Anschlüsse nach Berlin, Schwerin und Wismar. Im Bahnhof Güstrow kann in die Linien S 2 und S 3 des Rostocker S-Bahn-Netzes gewechselt werden, in Neubrandenburg in Züge nach Stralsund, Neustrelitz und Berlin. Das Drehkreuz Pasewalk bietet Anschlüsse in die Richtungen Anklam und Berlin, während in Szczecin nach Poznań und Warschau umgestiegen werden kann.
Der RE 4 wird auf seiner gesamten Strecke täglich im Zweistundentakt bedient. Von Lübeck nach Bad Kleinen sowie von Bützow nach Pasewalk fahren zusätzliche Züge, sodass sich auf diesen Abschnitten täglich ein Stundentakt ergibt. Die zweiteiligen Triebzüge bieten 110 Sitzplätze, zwei Mehrzweckbereiche mit Stellplätzen für Rollstuhlfahrer und Reisende mit Fahrrad sowie eine barrierefreie WC-Anlage. Die beiden Türen verfügen über Schiebetritte und liegen 80 cm über Schienenoberkante (SO), sodass von 76 cm hohen Bahnsteigen barrierefrei eingestiegen werden kann.
Text: Tim Schulz, Bild: Regionalverkehr