Die Ampel-Koalition ist mit hehren Zielen in der Verkehrspolitik angetreten: Bis 2030 sollten sich die Fahrgastzahlen auf der Schiene verdoppeln und deren Anteil am Güterverkehr auf 25 % steigen. Um dieses Ziel zu erreichen und den enormen Nachholbedarf bei Sanierung und Ausbau des Schienen-Netzes anzugehen, wollte die Ampel in erheblich höherem Umfang Geld für die Schiene zur Verfügung stellen. Zwischenzeitlich waren zusätzliche Investitionen von 45 Mrd. Euro bis 2027 geplant! Nun droht die Rolle rückwärts. Bereits im laufenden Haushalt wurden die Mittel für den Aus- und Neubau der Schiene zurückgefahren. Mit einer Umschichtung von einer Milliarde Euro im Haushalt 2025 zugunsten des Straßenbaus stellt die Regierung ihre eigenen Ziele in Frage.
Die acht großen Eisenbahn-Verbände in Deutschland kritisierten diese Überlegungen am 28. Juni 2024 scharf. Sie warnen vor dramatischen Konsequenzen für die bereits heute – durch jahrzehntelang vernachlässigte Infrastruktur – eingeschränkte Leistungsfähigkeit der Branche und für die Klimaziele. Eine solche Kürzung stünde in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Bedarf der Schienen-Infrastruktur und konterkarierte alles, was sich die Ampel in der Verkehrs- und Klimapolitik vorgenommen hat, so die Verbände. Schon für die anstehenden Strecken-Sanierungen werden dadurch die Mittel knapp – vom notwendigen Kapazitätsausbau im Netz oder der Elektrifizierung weiterer Strecken ganz zu schweigen. Die zeitlich vorgezogene Eigenkapital-Erhöhung bei der Deutschen Bahn ändert nichts an der Mittelkürzung als solche, führt außerdem zu einem noch schnelleren Anstieg der ohnehin schon hohen Trassenpreise und verschlechtert damit die Chancen der Schiene im Wettbewerb mit der Straße.
Die Beschleunigungs-Kommission Schiene hatte bereits 2022 in ihrem Abschlussbericht darauf hingewiesen, dass es für einen zielgerichteten Ausbau des Schienen-Netzes dringend mehr Verlässlichkeit bei der Finanzierung braucht. Ohne sie ist langfristige Planung nicht möglich. Die Verbände fordern deshalb die Einführung eines mehrjährigen Infrastruktur-Fonds für die Schiene, wie es sie in Österreich und der Schweiz schon lange gibt. Dies würde die Schienen-Finanzierung dem Einfluss alljährlicher haushaltspolitischer Verteilungs-Konflikte entziehen und gäbe der Branche Planungs-Sicherheit.
Die Eisenbahn-Verbände fordern die Bundesregierung auf, ihre Kürzungspläne umgehend zu stoppen und endlich eine langfristig abgesicherte Schienen-Finanzierung auf den Weg zu bringen. Haushalts-Löcher lassen sich zudem besser durch den Abbau umweltschädlicher Subventionen stopfen, wie ihn auch der Koalitionsvertrag vorsieht – auf diese Art können mehr Fahrgäste, Kunden im Güterverkehr und das Klima profitieren.
Zu den acht großen Bahnverbänden in Deutschland gehören die Allianz pro Schiene (ApS), der Bundesverband SchienenNahverkehr (BSN), DIE GÜTERBAHNEN (NEE), mofair, der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), der Verband der Bahnindustrie (VDB), der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) und der Verband der Güterwagenhalter (VPI).
Text: VCD/red, Bild: Deutsche Bahn AG / Stefan Wildhirt