Das Wasserkraftwerk Walchensee, das heute von Uniper betrieben wird, ist im Januar 1924 in Betrieb gegangen und hat seitdem mindestens 10 Mrd. kWh Strom für die Deutschlands Eisenbahn produziert. Das entspricht in etwa dem jährlichen Stromverbrauch der Stadt Hamburg. In den vergangenen 100 Jahren konnten bei der Bahn so rund 5 Mio. Tonnen Kohlendioxid eingespart werden. Neben dem Walchensee-Kraftwerk produzieren auch das bahneigene Wasserkraftwerk Bad Reichenhall und das Wasserkraftwerk Kammerl seit mehr als 100 Jahren Ökostrom für das heutige Unternehmen Deutsche Bahn AG (DB AG).
Heute ist die DB Deutschlands größte Ökostromnutzerin: Mit mehr als 65 % Erneuerbaren im DB-Bahnstrom liegt sie deutlich über dem öffentlichen Grünstrommix, der einen Anteil von derzeit 56 % hat. Auf dem Weg zur Klimaneutralität hat sich die DB mit ihrer Starke-Schiene-Strategie anspruchsvolle Ziele gesetzt: Bis 2038 soll der gesamte DB-Bahnstrom – 10 Terawattstunden (THh) pro Jahr – zu 100 % grün sein. Dafür baut die Konzerntochter DB Energie das Portfolio von Vertragskraftwerken und Lieferverträgen grundlegend um. Im Fernverkehr die Reisenden bereits seit 2018 mit Erneuerbaren unterwegs. Und ab 2025 werden auch alle Bahnhöfe, Instandhaltungswerke und Bürogebäude in Deutschland vollständig mit Ökostrom versorgt.
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts gibt es Elektromobilität auf deutschen Schienen. Einen dauerhaften Probebetrieb mit Wasserkraft und Strom gab es bereits 1903 auf der Bahn von Murnau nach Oberammergau. Mit der Eröffnung des Walchensee-Kraftwerks konnte vor allem in Bayern das Streckennetz rund um München konsequent elektrifiziert werden. Nicht nur auf klassischen Gebirgsstrecken im Werdenfelser Land und nach Berchtesgaden, auch die Fernstrecken von München nach Salzburg und Kufstein profitierten von der neuen Stromversorgung: Die Reisezeit auf der oberbayerischen Ost-West-Tangente verkürzte sich von vier Stunden auf drei Stunden und 15 Minuten. Gegenüber dem Dampfbetrieb konnte die 1922 gegründete Reichsbahn bei Schnellzügen rund 13 %, bei Regionalzügen 18 % und bei Güterzügen sogar 29 % an Fahrzeit einsparen – was sich am Ende auch wirtschaftlich auszahlte. Das Walchensee-Kraftwerk gab damit den Impuls für eine breite Modernisierung des Eisenbahn-Systems. Waren zum Jahresende 1925 etwa 1000 km bei der Reichsbahn im elektrischen Betrieb, so waren es zwei Jahre später knapp über 1200 km und Ende 1929 etwa 1500 km. Dabei war das Netz in Bayern mit 700 km am umfangreichsten – dank der natürlichen Ressource Strom aus Wasser der vielen Flüsse und Stauseen.
Das Walchensee-Kraftwerk liegt am Kochelsee, trägt aber den Namen des Walchensees. Denn: Es ist die Kraft des Walchenseewassers, die am 200 m tiefer gelegenen Kochelsee die Turbinen antreibt. Das Besondere an dem Kraftwerk ist, dass sich das Wasser im Walchensee aufstauen lässt, um dann in leistungsstarken Abnahmezeiten zur Erzeugung von Strom genutzt zu werden. Seit seiner Inbetriebnahme gehen rund 30 % des erzeugten Stroms an die Eisenbahn – vier Turbinensätze erzeugen jährlich zwischen 85 und 105 Mio. kWh Bahnstrom. Der Bau des Walchensee-Kraftwerks war für die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg Pionierarbeit. In dem sehr dünn besiedelten Gebiet – Kochel hatte damals nur rund 1600 Einwohner – gab es zunächst so gut wie keine Straßen. Schwere Teile für die insgesamt acht Turbinensätze wurden mit der Bahn nach Kochel transportiert. Über ein eigens verlegtes Gleis wurden sie zu einer Hafenanlage am Ufer gebracht, von dort aus ging es per Schiff weiter zur Baustelle.
Die heutige Bahntochter DB Energie leistet mit ihrer Entwicklung und Bereitstellung von Energie-Infrastruktur einen zentralen Beitrag zur Energiewende der DB. Als fünftgrößte Energieversorgerin in Deutschland bietet sie Eisenbahn-Verkehrs-Unternehmen (EVU) sowie Kunden aus Industrie, Handel und Gewerbe eine zuverlässige, wirtschaftliche und nachhaltige Energieversorgung. Als Netzbetreiberin bewirtschaftet DB Energie das mehr als 7900 km lange 16,7-Hz-Bahnstromnetz, geschlossene 50-Hz-Verteilernetze sowie die Gleichstrom-Versorgungsanlagen der S-Bahnen Berlin und Hamburg. Mehr als 50 über das Bundesgebiet verteilte Kraft-, Umformer- und Umrichterwerke liefern die Energie, über 1800 Trafostationen sorgen für die richtige Spannung. Zudem sorgt DB Energie deutschlandweit an rund 5400 Bahnhöfe für Licht, Strom und Wärme.
Text: DB AG/red, Bild: Regionalverkehr