Mit dem Deutschland-Ticket ist am 1. Mai 2023 erstmals ein bundesweit gültiges Abo-Ticket eingeführt worden, das Fahrgäste in allen ÖPNV-Bussen und -Bahnen nutzen können. Aktuell besitzen 11,2 Mio. Menschen ein D-Ticket. Im Laufe des ersten Jahres haben rund 20 Mio. Bürger mindestens einmal ein D-Ticket besessen. Durch das Ticket sind die Fahrgäste in die Busse und Bahnen zurückgekehrt, die coronabedingten Fahrgastverluste sind damit weitgehend rückgängig gemacht. Die Fortsetzung dieser Erfolgsgeschichte ist jedoch gefährdet, denn die strukturelle Unterfinanzierung der Branche ist durch das D-Ticket verfestigt worden, die wirtschaftliche Lage im ÖPNV ist insgesamt dramatisch.
Das erste Jahr D-Ticket hat bewiesen, dass die Menschen zum Umstieg auf Busse und Bahnen bereit sind. Damit das auch in Zukunft so bleibt und die Zahl der Abonnenten in 2024 auf die von der Verkehrsbranche als Ziel formulierten 15 Mio. steigen kann, braucht es politische Entscheidungen und langfristige Finanzierungsgrundlagen. Erste Ergebnisse hat die Verkehrsministerkonferenz am 17. und 18. April 2024 in Münster gebracht: Dort bekräftigten die Verkehrsministerinnen und -minister ihre Bereitschaft für eine nachhaltige und längerfristige finanzielle Absicherung des Tickets über das Jahr 2025 hinaus. Nun muss sich auch der Bund – und hier vor allem der Bundesfinanzminister – zu einer dauerhaften Finanzierung des Angebots bekennen.
Das D-Ticket hat dazu beigetragen, die während der Pandemie eingebrochenen Fahrgastzahlen fast wieder auf das Vor-Corona-Niveau zu bringen. Diese positive Entwicklung darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Verkehrsunternehmen und Verbünde vor zentralen Herausforderungen stehen. Die finanzielle Situation im deutschen Nahverkehr spitzt sich weiter zu. Steigende Kosten bei Personal und Material, gekürzte Förderprogramme – wie etwa bei der E-Bus-Förderung – und angekündigte weitere finanzielle Einschnitte stellen zusätzlich auch die Kommunen und Bundesländer als Aufgabenträger des ÖPNV und SPNV vor große Probleme – mit zunehmenden Auswirkungen auf den Erhalt des Angebotes.
Prof. Knut Ringat, Vizepräsident des VDV und Vorsitzender der Geschäftsführung des Rhein-Main-Verkehrsverbunds (RMV), sagte: „Um das Potential des Deutschland-Tickets voll auszuschöpfen, brauchen wir vor allem ein Deutschland-Angebot, um mit mehr Linien und Fahrten Platz für die bereits zusätzlich gewonnenen Fahrgäste zu bieten und mit attraktiven Taktungen und einem ausreichenden Platzangebot neue Kunden zu gewinnen. Wichtig ist eine langfristige Finanzierungs-Perspektive. Nur wenn die Menschen wissen, wie sich der Verkaufspreis und das Fahrtenangebot entwickeln, werden sie sich noch mehr für den ÖPNV entscheiden.“
Stefanie Haaks, Vorsitzende des VDV-Wirtschaftsausschusses und Vorstandsvorsitzende der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB), ergänzte: „Für unsere Kunden ist das Deutschland-Ticket ein Erfolg und es hat einen positiven Effekt auf unsere Kundenentwicklung – auf der Einnahmeseite jedoch nicht. Das liegt daran, dass die meisten Abonnenten aus zuvor deutlich teureren Abo-Verträgen oder aus dem Bartarif zum günstigeren D-Ticket gewechselt sind. Bei vielen Verkehrsunternehmen – auch bei der KVB – ist die Zahl der Fahrgäste zwar durch das Deutschland-Ticket deutlich gestiegen, die Einnahmen dagegen sind ebenso deutlich gesunken. Wenn der Ausgleichsbedarf für diese Mindereinnahmen nicht weiter steigen soll, müssen Bund und Länder dringend zu einer Einigung bei der Preisgestaltung und langfristigen Finanzierung für das Deutschland-Ticket kommen.“
Text: VDV/red, Bild: Deutsche Bahn AG/Dominic Dupont