Die Ampel-Regierung hat ihre Chancen zur Reform der deutschen Eisenbahnorganisation nicht genutzt. Und die kommende Bundesregierung muss die Schienen-Infrastruktur-Unternehmen aus dem DB-Konzern herauslösen und nach dem Schweizer Vorbild effizient steuern und finanzieren. Das ist das Fazit des europäischen Netzwerks „Die Güterbahnen“ nach einem Jahr DB InfraGo. Güterbahnen-Geschäftsführer Peter Westenberger sagte am 30. Dezember 2024: „Die Institutionen und Prozesse rund um die Schienen-Infrastruktur haben eine Generalsanierung dringend nötig – nicht nur 40 einzelne Eisenbahnstrecken.“
Qualitätsmängel und Preisschock
Ein Jahr nach dem von DB-Chef Richard Lutz als „Zeitenwende“ gefeierten Start der DB InfraGO AG werden aus Sicht des Netzwerks weiterhin Kernprobleme verdrängt. Für die von der Performance des Infrastrukturbetreibers abhängigen Verkehrsunternehmen auf der Schiene – egal ob es sich dabei um DB-Töchter oder die Wettbewerbs-Unternehmen handelt – ging es 2024 auch unter dem neuen Unternehmensnamen insgesamt bergab. Die Qualität im laufenden Betrieb sei 2024 weiter gesunken, so „Die Güterbahnen“. Das sei auch auf akute Mängel bei der Personalausstattung von Stellwerken und in Fahrplanbüros zurückzuführen, die keine unmittelbare Folge fehlender Investitionsbudgets sind. Die reale Transportdauer im Güterverkehr ist 2024 im Ergebnis weiter angestiegen. Im Rahmen einer Umfrage hatten diverse Eisenbahn-Unternehmen schon im Sommer 2024 keine Verbesserung der Kundenorientierung festgestellt, aber im Dezember dafür einen historischen Anstieg der Trassenpreise hinnehmen müssen.
Verschleppter Netzausbau
Der verschleppte Netzausbau – 2024 gingen gerade einmal 48,2 km neue Strecken in Betrieb – steht im vollständigen Widerspruch zu den verkehrspolitischen Zielen der Regierung. Er kann auch durch den weiteren Anstieg bei der Sanierung des Bestandsnetzes nicht gerechtfertigt werden. Güterbahnen-Chef Westenberger: „Zumal auch nach der Riedbahn-Wiedereröffnung die geplanten weiteren Korridor-Sanierungen konzeptionell in vielen Fällen unklar sind. Vertrieb und Planung in den Eisenbahnverkehrs-Unternehmen stehen die Schweißperlen auf der Stirn.“ Hinzu komme für die Wettbewerber der DB, dass die DB-Konzernleitung immer noch intern und im Umgang mit dem Eigentümer-Vertreter und der Politik ihre Interessen auch mithilfe der zur Neutralität verpflichteten Schienen-Infrastruktur-Unternehmen durchsetze. Westenberger: „Der Bundesverkehrsminister hat zwar das Finanzierungs-, aber nicht das Organisationsproblem benannt.“
Nur eine Scheinreform?
Aus der Gründung einer „neuen, gemeinwohl-orientieren Infrastruktursparte“ (Ampel-Koalitionsvertrag) haben DB und Verkehrsminister nach Ansicht des Netzwerks eine – noch dazu unvollendete – Scheinreform gemacht. Besonders beeindruckend zeige sich der Früh- und Fehlstart der DB InfraGO bei der Analyse von Ankündigungen zur neuen Steuerung durch das Ministerium. Im angekündigten „Steuerungsrucksack“ sollten sich neue Gemeinwohlziele, ein InfraPlan, ein Kennzahlenset und eine Steuerungseinheit im Ministerium, ein neuer Beirat sowie mehr Transparenz befinden. Lediglich der ohne gesetzliche Grundlage diskutierende Beirat und eine Unterabteilung im Ministerium existieren bisher. Der Bundesrechnungshof bescheinigte der Steuerungsgruppe im September, dass ihre „Bemühungen, den Einfluss des Bundes zu stärken, (…) am Widerstand des Konzerns und der mangelnden Durchsetzung des Bundesverkehrsministeriums gescheitert (sind)“. Westenberger abschließend: „Die Konsequenzen werden den ausscheidenden Verkehrsminister sicher nicht mehr treffen. Aber die zur Wahl stehenden Parteien werden die wachsenden Qualitäts- und Preisprobleme der deutschen Eisenbahnen aus unterlassener Neuorganisation schnell bedrängen.“
Text: red/pr, Bild: Regionalverkehr