Ein reduziertes Leistungsangebot soll Fahrgästen in Nordrhein-Westfalen mehr Verlässlichkeit bringen. Darauf haben sich die drei SPNV-Aufgabenträger Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR), Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) und go.Rheinland gemeinsam mit den Eisenbahn-Verkehrsunternehmen (EVU) verständigt. Das Ziel: mehr Verlässlichkeit, weniger Ausfälle und mehr Pünktlichkeit.
Landesweite Anpassungen
Personalmangel und daraus resultierende Zugausfälle belasten den SPNV in NRW derzeit massiv. Um die Lage für den Betrieb zu stabilisieren und vor allem für die Fahrgäste berechenbarer zu machen, werden die Fahrpläne dahingehend reduziert, dass sie mit dem tatsächlich vorhandenen Personal zuverlässig zu planen und umzusetzen sind. „Es handelt sich dabei um eine vorübergehende Maßnahme“, sagte Oliver Wittke, Vorstandssprecher des VRR, am 12. Dezember 2024. „Wir unterstützen die Eisenbahn-Unternehmen selbstverständlich dabei, neues Personal zu finden und auszubilden. Logischerweise geht das aber nicht von heute auf morgen.“ Die Qualifizierungskurse dauern bis zu zwölf Monate, die ersten neuen Lokführerinnen und Lokführer können also zum Jahresende 2025 eingesetzt werden. „Weitere Ausfälle durch eben diesen Personalmangel oder aber auch Baumaßnahmen lassen sich vorerst also nicht gänzlich vermeiden“, so Wittke. „Es wird deshalb noch ein schweres Jahr auf der Schiene geben. Daran gibt es nichts zu beschönigen. Es gilt aber auch: Die neuen Fahrpläne werden robuster, weil berechenbarer. Und das ist im Sinne der Fahrgäste.“
In einem gemeinsamen Prozess wurden alle ausfallkritischen Linien in einem landesweiten, unternehmensübergreifenden Ansatz geprüft und entsprechende Angebotsanpassungen entwickelt. Dabei wurden auch saisonale Unterschiede berücksichtigt. Wittke: „Engpässen in den Ferien können und müssen wir anders begegnen als Engpässen in der Karnevalszeit. Beides haben alle auf dem Schirm, es wird auch dafür Lösungen geben.“
Ausbildung von neuen Lokführern
Das reduzierte Fahrplankonzept ist eine Antwort auf die vielen Ausfälle, die so kurzfristig sind, dass die Reisenden erst unmittelbar vor der Abfahrt erfahren, dass ihre Verbindung nicht funktioniert. Marcel Winter, Geschäftsführer von go.Rheinland, erläuterte: „Wir wollen diese Situation, wenn möglich, gar nicht erst entstehen lassen, das ist der Sinn des Ganzen. Und falls doch, dann muss das Ziel eine verlässliche, frühzeitige Fahrgastinformation sein – auch dafür sollen auf diese Art und Weise Kapazitäten geschaffen werden“. Die EVU haben zusammen mit der landesweiten Brancheninitiative Fokus Bahn NRW seit September 2023 bereits über 300 neue Lokführer qualifiziert, aus den laufenden Kursen kommen im neuen Jahr noch einmal mehr als 350 neue Mitarbeitende dazu. „Aber gleichzeitig gehen rund 160 erfahrene Kolleginnen und Kollegen in den Ruhestand, es entsteht Mehrbedarf durch Tarifabschlüsse und die Belastungen infolge von Baustellen und maroder Infrastruktur steigen. Das wiederum hat Auswirkungen auf den Personalbestand, die Krankenstände und dann auch auf den Fahrplan“, so Winter.
Joachim Künzel, Geschäftsführer des NWL, führte aus: „Wir brauchen mehr Zuverlässigkeit im System SPNV und dafür haben wir zwei wirksame Hebel: mehr Personal und eine gezielte Veränderung des Fahrplans.“ Dass dieses Vorgehen Erfolg hat, zeigen Erhebungen. „Nachdem auf besonders betroffenen Linien neu ausgebildetes Fahrpersonal eingesetzt und Ersatzkonzepte im Fahrplan umgesetzt wurden, konnten hier die personalbedingt ungeplanten Ausfälle von 5,81 % Anfang des Jahres auf 2,07 % von April bis Mitte November reduziert werden.“
Landesweite Fahrplanreduzierungen
Im Fahrplanjahr 2025 werden, wie schon 2024, Fahrten reduziert, um die nötige Verlässlichkeit zu schaffen. Die angebotenen Zugkilometer werden von 117 Mio. auf rund 112,5 Mio. reduziert. Das entspricht etwa 4 % des Gesamtangebots. Dabei sind 60 % der Maßnahmen bereits in der Umsetzung. Bei der Erstellung des reduzierten Fahrplankonzepts war allen Beteiligten wichtig, dass Fahrgästen in NRW ein verlässliches Grundangebot zur Verfügung steht und es alternative Fahrtmöglichkeiten gibt. Das bedeutet, dass sie auf andere SPNV-Linien oder Busse ausweichen können und ihre Reise planbar bleibt. Insbesondere Fahrten zur Hauptverkehrszeit und auch Schülerverkehre wurden besonders betrachtet, um die Einschnitte so gering wie möglich zu halten.
Nachhaltige Lösung ist in Arbeit
Zur langfristigen Stabilisierung der Situation erarbeiten die Aufgabenträger mit dem NRW-Verkehrsministerium derzeit ein umfassendes Programm, das unter anderem 700 neue Plätze zur Qualifizierung von Lokführerinnen und Lokführern beinhaltet. Bis 2026 sollen so Personallücken geschlossen werden, damit eine Rückkehr zum vertraglich vereinbarten Fahrplanangebot erfolgen kann.
Text: red/pr, Bild: VRR