Welchen Beitrag kann die Straßenbahn in einer Großstadt wie Frankfurt (Main) im Rahmen einer nachhaltigeren und lokal CO₂-freien Paketzustellung in Kombination mit E-Fahrzeugen leisten? Das untersucht das Forschungsprojekt „LastMileTram RheinMain V“ der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) in Kooperation mit der Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main (VGF) und Amazon. Im Rahmen eines zunächst einmonatigen Testlaufs im Realbetrieb befördert die so genannte Gütertram, eine ausschließlich zum Pakettransport genutzte Straßenbahn, seit dem 6. September 2024 Päckchen und Pakete vom Stadtrand in die Frankfurter Innenstadt. Ziel des Projekts ist es, den Straßenverkehr zu entlasten sowie Lärm und CO₂-Emissionen im Stadtgebiet zu verringern.
Dreistufiges Transportsystem
Die Idee, eine Gütertram im Rahmen des Zustellprozesses auf der „letzten Meile“ (last mile) zu nutzen, ist 2018 in der Theorie gestartet. Der Weg des Forschungsprojekts führte Schritt für Schritt zum nun angelaufenen Realbetrieb der LastMileTram. Die Güterstraßenbahn der VGF befördert Pakete von Amazon von der Haltestelle „Stadion“ zur Haltestelle „Zoo“ und zum Betriebshof Gutleut. Der Transportprozess auf der letzten Meile erfolgt dabei emissionsfrei: Die Päckchen und Pakete werden von einem Verteilzentrum von Amazon in Raunheim per E-Transporter zur Tram-Station in Stadtrandlage gebracht, in der Innenstadt werden die Sendungen von den Haltestellen „Zoo“ und auch vom Betriebshof Gutleut mit elektrisch betriebenen Lastenrädern an die Haustüren der Kunden geliefert. Gefördert wird das Projekt mit dem dreistufigen System aus E-Transporter, Straßenbahn und E-Lastenrad vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum.
„Mit einem Belieferungskonzept wie im Projekt ‚LastMileTram‘ in Frankfurt können wir die in den vorangegangenen Projektabschnitten gewonnenen Erkenntnisse und Prozesse endlich im Realbetrieb erproben und optimieren“, erklärte Projektleiter und Hochschulpräsident Prof. Dr. Kai-Oliver Schocke von der Frankfurt UAS. Laut Schocle zeigten die bisherigen Simulationsergebnisse, dass der dreistufige Prozess gegenüber der herkömmlichen einstufigen Belieferung ökonomische wie auch ökologische Vorteile erzielen kann. Schocke: „Wir erhoffen uns, das Konzept in Zukunft dauerhaft in Frankfurt etablieren zu können und auch an weiteren Standorten umzusetzen, um so den Straßenverkehr in Großstädten deutlich zu entlasten.“
Lokal CO₂-freie Paketzustellung
Auch wenn Paketdienstleister vielerorts an nachhaltigeren Zustellkonzepten arbeiten und etwa die Elektrifizierung ihrer Flotten vorantreiben, erfolgt die Paketzustellung größtenteils noch immer durch konventionelle Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Beim Aufsetzen einer lokal CO₂-freien Zustellung sind viele Faktoren und komplexe Zusammenhänge zu berücksichtigen: Neben den geeigneten Fahrzeugen bedarf es einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur und zentraler Mikrodepots, also kleiner Sendungsumschlagplätze, die besonders in Innenstadtlagen rar und teuer sind. Deshalb sind alternative Lösungsansätze wie der Pakettransport via Schiene interessant.
Im Rahmen des Realversuchs erfolgt eine ganzheitliche Betrachtung des Betriebs der Gütertram. Dies soll unter anderem Aufschluss darüber bringen, wie ein derartiges Lieferkonzept im Vergleich zur konventionellen Belieferung ausfällt, wobei auch Punkte wie Inflation und CO₂-Steuer berücksichtigt werden. Daneben geht es auch um Fragen zu Mengenspitzen im Sendungsvolumen und deren Auffangen in einem dreistufigen System sowie zum Verlagern des Transports in Randzeiten. Außerdem prüfen die Projektpartner, ob sich Sperrgut in der VGF-Straßenbahn transportieren lässt, und erproben den Einsatz von potenziell geeigneten Ladungsträgern zum Bündeln der Sendungen. Dabei wird auf ökologische Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und die Sicherheit bei der Befestigung der Ladungsträger in der Tram geachtet. All diese Fragen finden im Anschluss Berücksichtigung in der Ausarbeitung allgemeingültiger Empfehlungen zum Pakettransport via Straßenbahn.
Text: Frankfurt UAS/red, Bild: VGF