Ein Zug aus 14 Lokomotiven durchquerte in den Mittagsstunden des 17. Januar 2024 zweimal lautstark das Regierungsviertel in Berlin. Damit wollte das Netzwerk „DIE GÜTERBAHNEN“ die Forderung an Parlament und Regierung senden, auf Budget-Kürzungen beim Schienen-Güterverkehr zu verzichten. Außerdem pfiffen Güterzüge in ganz Deutschland zwischen 11.55 und 12 Uhr – also um fünf vor zwölf – mit ihren Signalhörnern, um die sonst übliche Unauffälligkeit des Schienen-Güterverkehrs bewusst zu durchbrechen. Ganztags zwischen 6 und 22 Uhr wurden die Signalhörner außerdem bei der Durchfahrt von Personenbahnhöfen betätigt.
Der Grund für den Protest: Die Regierung plant, im Bundeshaushalt 2024 fest geplante Fördermittel beim Schienengüterverkehr kürzen. Dieser soll allein 78 % der vereinbarten Einsparungen im Verkehrshaushalt tragen. Zusätzlich wolle die Ampel bei der Finanzierung dringend benötigter neuer Schienenwege massiv kürzen, so das Netzwerk. Mit diesen Einschnitten nehme die Regierung Marktaustritte und Arbeitsplatzverluste in Kauf sowie noch mehr Lkw-Kolonnen durch die Verlagerung von Gütern zurück auf die Straße.
Hinzu kommt, dass die bundeseigene DB InfraGO AG die Trassenpreise zum Ende des Jahres stark anheben will. Zusammen mit der im Haushaltsentwurf vorgesehenen Kürzung der Trassenpreisförderung steht eine Verdoppelung der Nutzungsentgelte binnen Jahresfrist im Raum. Das geht Unternehmen nach Angaben des Netzwerks schon kurzfristig an die Substanz. Ein mit 70 Mitarbeitern vergleichsweise kleines GÜTERBAHNEN-Mitglied erwartet durch die geplanten Kürzungen im Jahr 2024 Mehrkosten von fast einer halben Million Euro. Mit der über Nacht in den Haushaltsunterlagen platzierten „Kürzungsorgie haben Verkehrs- und Finanzministerium viel Vertrauen in der Güterverkehrsbranche verspielt und ihr ohnehin umstrittenes Klimaschutz-Sofortprogramm weiter entkernt,“ so das Netzwerk. Dieses enthielt noch die Fortführung und teilweise den Ausbau der jetzt gekürzten Positionen.
DIE GÜTERBAHNEN fordern, die Kürzungsbeschlüsse zurückzunehmen. Es brauche Mehrinvestitionen in den Infrastrukturausbau, einen Nachteilsausgleich zum Lkw und die Förderung innovativer Technologien. Zudem sollen Trassenpreise nur bei entsprechend höherer Qualität des Netzes steigen. Schließlich brauche es ein schlüssiges Konzept für die Steigerung des Marktanteils der Schiene im Güterverkehr auf 25 % bis 2030 und dessen konsequente Verfolgung.
Etwas unglücklich: Der Protestzug, der auf der Stadtbahn durch das Berliner Regierungsviertel fuhr, war weder mit Bannern oder mit Aufschriften versehen, die auf das Anliegen des Netzwerks GÜTERBAHNEN hinwiesen. So freuten sich an den Unterwegsstationen in erster Linie Eisenbahnfreunde über die ungewöhnliche Lokparade.
Text: Tim Schulz, Bild: DIE GÜTERBAHNEN