Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags entschied am 19. Januar 2024, im Bundeshaushalt 2024 unter anderem die knappen finanziellen Mittel für den Ausbau und die Modernisierung der Eisenbahn-Infrastruktur, für die Trassenpreis-Unterstützung und bei der E-Bus-Förderung drastisch zu kürzen. Ingo Wortmann, Präsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), sagte: „Wir erkennen die schwierige Aufgabe ausdrücklich an, einen tragfähigen Bundeshaushalt aufzustellen – und doch können wir als Branche nicht nachvollziehen, dass in einem solchen Maße in dem Bereich gekürzt wird, der wie kein anderer für die Modernisierung Deutschlands mit Blick auf das Erreichen der Klimaschutzziele steht. Die Entscheidungen führen dazu, dass die Güterbahnen Aufträge an den LKW verlieren werden, auch wenn die letzte Entwicklung bei den Trassenpreisen die Situation wieder etwas lindert – und der Aufbau der E-Bus-Flotten beendet wird.“ Die Pauschalität des Sparansatzes lasse laut VDV keine Priorisierung für Klimaschutz und Verkehrswende erkennen – und mache die beachtlichen Erfolge in den letzten Jahren zunichte.
So sieht der Koalitionsvertrag ausdrücklich vor, für das Erreichen der Klimaschutzziele und für den Wirtschaftsstandort Deutschland den Masterplan Schienenverkehr weiterzuentwickeln und umzusetzen, um den Marktanteil des Güterverkehrs auf der Schiene bis 2030 auf 25 % zu steigern und die Verkehrsleistung im Personenverkehr zu verdoppeln. Die Infrastruktur sollte dafür ausgebaut und modernisiert, die Nutzung der Schiene günstiger werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Bahnen zu stärken. Wortmann: „Davon hat sich der Bund de facto verabschiedet. Trassenpreis-, Anlagenpreis- und Innovationsförderung wurden nicht etwa aufgestockt, was geboten wäre, sondern trotz kleiner Korrekturen wesentlich gesenkt.“ Auch die Kürzung der Mittel für die Infrastruktur nicht-bundeseigener Eisenbahnen weist Wortmann als völlig falsche Weichenstellung zurück. Für die margenschwachen Unternehmen des Schienen-Güterverkehrs sieht der VDV-Präsident existenzielle Probleme. „Die Verträge mit der verladenden Wirtschaft wurden im Vertrauen auf eine mindestens mittelfristige Fortsetzung der bestehenden Förderkataloge geschlossen. Davon kommen wir nicht mehr weg,“ so Wortmann.
Bei der Eisenbahn wird an vielen Stellen gekürzt. Die Trassenpreisförderung für die Güterbahnen sinkt von den ursprünglich vorgesehenen 350 Mio. auf rund 229 Mio. Euro. Die Anlagenpreisförderung sinkt von den 85 Mio. auf 20 Mio. Euro. Zurückgefahren wird auch die Innovationsförderung für den Schienen-Güterverkehr, deren Höhe statt 40 Mio. jetzt nur noch rund 26 Mio. Euro beträgt. Auf rund ein Drittel schmilzt die Förderung der Güterverkehrs-Infrastruktur der nicht-bundeseigenen Eisenbahnen zusammen, die von 73,5 Mio. auf rund 27 Mio. Euro abgesenkt wird. Die Mittel des Bundes für die Ausrüstung der Eisenbahninfrastruktur und Bahnen mit dem europäischen Zugsicherungssystem ERTMS sinken von rund 1,3 Mrd. auf rund 1,05 Mrd. Euro. Reduziert wird zudem die Förderinitiative zur Attraktivitätssteigerung und Barrierefreiheit von Bahnhöfen, die künftig mit 97 Mio. statt 265 Mio. Euro auskommen muss.
Die Einsparungen im Haushalt des Bundesverkehrsministeriums werden auch von Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, kritisiert: „Wer Lkw-Transporte auf die Schiene verlagern will, darf keine 186 Millionen Euro bei den Güterbahnen streichen. Und wenn die seit Jahren von der Bundesregierung angekündigte Digitalisierung des Zugverkehrs endlich Gestalt annehmen soll, ist eine Kürzung um 250 Mio. Euro beim Europäischen Zugsicherungssystem ein ganz schlechtes Signal. So wird die Verkehrswende ausgebremst – und das heißt nichts Gutes für die Klimaziele der Bundesregierung.“
Hart trifft es bei den Einsparungen auch den emissionsfreien E-Bus-Verkehr. VDV-Präsident Ingo Wortmann: „Schon die Absenkung der Mittel für zukunftsweisende ÖPNV-Modellprojekte in Höhe von rund 14 Mio. Euro ist aus Sicht des VDV sehr schmerzhaft. Doch das ist noch kein Vergleich zur Absenkung der Mittel für die E-Busförderung in Höhe von fast 77 Mio. Euro. Bereits vor wenigen Monaten wurden zahlreiche Förderabsagen mit fehlenden Haushaltsmitteln begründet. Die Umstellung der Busflotten und vor allem der Infrastrukturen bei den kleinen und mittleren Unternehmen in den Kommunen kommt damit schlicht zum Erliegen.“ Laut VDV kam der Markthochlauf bei klimafreundlicheren Bussen zuletzt in Schwung, knapp 6000 Förderbescheide wurden in den letzten zwei Jahren bewilligt. Wortmann: „Doch angesichts von rund 35.000 ÖPNV-Linienbussen im Regelbetrieb, die noch nicht alle umgestellt sind, stellen sich grundsätzliche Fragen. Hunderte Unternehmen haben in ihren Planungen die Umstellung auf E-Busse vorgesehen. In Summe reden wir über ungefähr 10.000 Busse. Die Zustimmung der Bundesregierung zur europaweit gültigen Kohlendioxid-Flottengrenzwerte-Verordnung, die 90 % elektrische Stadtbusse ab 2030 vorsieht, erfordert einen Investitionshochlauf, der viele Jahre vorher ansetzen muss.“ Demzufolge müssten die Mittel zur Förderung vielmehr aufgestockt werden.
Text: red/pr, Bild: Deutsche Bahn AG/Georg Wagner