Setra-Omnibusse sind für Qualität, Langlebigkeit und Wertstabilität bekannt. Bevor die ersten Exemplare einer neuen Baureihe an die Kunden ausgeliefert werden, müssen Testfahrzeuge ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen. So auch die neue Stadtbus- und Überlandbus-Baureihe Setra MultiClass LE, die auf der Busworld Europe 2023 ihre Messepremiere hat. Der Gesetzgeber fordert für die Stabilität von Omnibussen nur eine Berechnung, die Entwickler und Versuchsingenieure des Herstellers Daimler Buses verlangen mehr. Die Königsdisziplin heißt Schlechtweg-Erprobung. Hinter dem Begriff stehen große Strapazen für den Bus: Die Prüfung auf der Schlechtwegstrecke des Entwicklungs- und Versuchszentrums (EVZ) von Daimler Truck in Wörth bei Karlsruhe. Die zahlreichen Fahrbahnen im EVZ repräsentieren typische Fahrbahnoberflächen wie Kopfsteinpflaster, Querrillen und Schlaglöcher. Sie malträtieren die Fahrzeugstruktur extrem. Das Versuchsteam von Daimler Buses hat für die Erprobung definierte Bahnen zu einer Schlechtwegrunde zusammengestellt. Basis waren Auswertungen anspruchsvoller Kundeneinsätze in ganz Europa. Besonders hart ist eine Bahn mit sieben Zentimeter hohen Hindernissen im Fischgrätmuster. Sie wird mit nur zehn Stundenkilometern durchfahren, viel mehr würden weder Mensch noch Material aushalten.
Das Fahrprogramm ist präzise vorgegeben – das betrifft sowohl die Abfolge der Bahnen als auch die Geschwindigkeit, gefahren mit Unterstützung des Tempomats auf den Stundenkilometer genau. Ein Monitor im Cockpit des Überlandbusses zeigt den Fahrern den exakten Ablauf ihrer immergleichen Route. Gefahren wird sowohl leer als auch teilbeladen, beladen und sogar überladen. Angeschnallte Wasserfässer auf den Sitzen und Ballastsäcke mit Bleischrot auf dem Boden simulieren die Passagiere. Die Fahrer dagegen sind echt, sie wechseln sich im Stundentakt ab, längere Phasen sind ihnen nicht zuzumuten.
Ein Kilometer der Schlechtweg-Erprobung entspricht 100 Kilometern auf öffentlichen Straßen. Ein Beleg für das Extremprogramm: Obwohl die Stoßdämpfer der MultiClass LE beim Test über eine spezielle Kühlung verfügen, müssen sie während des gesamten Zeitraums zwei Mal getauscht werden. Zur Schlechtweg-Erprobung gehören ebenfalls so genannte Sondermanöver. Das sind zum Beispiel schnelle Fahrbahnwechsel wie bei einem Ausweichmanöver oder Vollbremsungen aus unterschiedlichen Geschwindigkeiten. All dies kann auch im realen Omnibusleben einer Setra MultiClass LE auf einer Million Kilometer vorkommen.
Der Testbus, eine Setra MultiClass S 518 LE, war lange vor Serienstart unterwegs und daher mit Tarnfolie bis zur Unkenntlichkeit beklebt. Die XXL-Variante des neuen Low-Entry-Überlandbusses mit drei Achsen, drei Türen und doppeltbreitem Einstieg vorn bedeutet eine besonders hohe Belastung der Fahrzeugstruktur. Das Versuchsfahrzeug fährt ohne Unterbodenschutz, ohne Innenverkleidungen und Isolierung. Das erleichtert die Inspektion einzelner Bauteile, zum Beispiel der Schweißnähte und Knotenpunkte des Omnibusgerippes.
Die Schlechtweg-Erprobung kann bis zu einem Jahr dauern. Jeweils nach einem und zwei Dritteln der Gesamtstrecke sowie nach Abschluss des Tests wird der Omnibus im Versuchsbereich von Daimler Buses in Neu-Ulm gründlich unter die Lupe genommen. Zu diesem Zweck werden sogar Triebwerk und Tanks demontiert. Zwischen den großen Durchsichten erfolgt zusätzlich eine kleine Inspektion vor Ort im EVZ. Farbige Markierungen dokumentieren die Sichtprüfungen. Für die neue Setra MultiClass LE heißt es nach der Schlechtweg-Erprobung: geprüft und Härtetest bestanden. Einer Auslieferung der Serienfahrzeuge steht nichts mehr im Weg.
Text: Daimler Buses/red, Bild: Daimler Buses