Die HEMSCHEIDT Fahrwerktechnik GmbH & Co. KG. hat ein hydropneumatisches Federungs- und Dämpfungssystem für druckluftlose Chassis entwickelt, das zudem mehr Fahrkomfort ermöglicht. Dr. Mark Wöhrmann, Geschäftsführer von HEMSCHEIDT Fahrwerktechnik: „Druckluft ist bei der Federung und Dämpfung von Fahrzeug-Chassis ein regelrechter Energiefresser, der im Fahrwerk noch dazu viel Platz raubt. Die bessere Alternative basiert auf Öl als Trägerflüssigkeit für eine hydropneumatische Federung und Dämpfung. Unser System verleiht Bussen ein hohes Maß an Fahrkomfort und Stabilität – und das selbst auf einer unebenen Fahrbahn.“
Die Energiedichte von Öl führt dazu, dass die Reaktionszeiten und das Ansprechverhalten des Chassis sehr schnell sind. Bei großen Lastwechseln, zum Beispiel beim Ein- und Aussteigen bei Bussen, ist ein hydropneumatisches Federungssystem in Sekundenbruchteilen wieder in Niveaulage gefahren. Wöhrmann: „Hinzu kommt ein deutlich höherer Energie-Wirkungsgrad als bei der Druckluft. Denn das Öl wird als Trägerflüssigkeit im geschlossenen hydropneumatischen Federungs- und Dämpfungssystem immer wieder verwendet.“ Durch das neue Federungs- und Dämpfungssystem können mehr als zwei Drittel der eingesetzten Energie bei für Busse typischen Hebe- und Senkvorgängen genutzt werden.
Genau umgekehrt ist es bei herkömmlichen Federungs- und Dämpfungssystem, die mit Druckluft arbeiten: Allein zwei Drittel entweichen durch den Betrieb des Kompressors. Am Ende eines Hebe- und Senkvorgangs mit Druckluft, zum Beispiel an einer Haltestelle, gehen sogar mehr als 80 Prozent der eingesetzten Energie verloren.
Entwickelt hat HEMSCHEIDT Fahrwerktechnik das hydropneumatische Federungs- und Dämpfungssystem in einem intensiven Austausch mit Kunden aus dem Nutzfahrzeug-Bereich sowie mit Herstellern von Achsen und Fahrwerken. Wöhrmann: „Bis Ende dieses Jahres wollen wir in den Testbetrieb mit Prototypen gehen, um ab 2024 erste Kunden mit dem hydropneumatischen Federungs- und Dämpfungssystem beliefern zu können.“
Warum das neu entwickelte System die E-Mobilität in der Busbranche in eine neue Dimension heben kann, verdeutlicht Rainer Eickhoff, Leiter Vertrieb & Projektmanagement bei HEMSCHEIDT Fahrwerktechnik: „Unser hydropneumatisches Federungs- und Dämpfungssystem schont die Batterie-Kapazitäten und verleiht E-Bussen eine längere Laufzeit. Durch Öl als Trägerflüssigkeit im Fahrwerk haben E-Busse also eine deutlich größere Reichweite, die für einen kostensparenden und effizienten Betrieb gerade im öffentlichen Nahverkehr entscheidend ist.“
Darüber hinaus sind die für die Hydropneumatik erforderlichen Komponenten am Fahrwerk viel kleiner. Durch den hohen Druck, der sich mit hydraulischen Systemen erreichen lässt, beanspruchen die äußerst kompakten Federungszylinder vergleichsweise wenig Bauraum am Rad. Eickhoff: „Weniger Platz bedeutet auch weniger Gewicht für Federung und Dämpfung, was sich noch einmal positiv auf den Energieverbrauch auswirkt.“
Die ausgeprägte Energiedichte von Öl und die somit schnelle Kraftübertragung bieten auch Vorteile für weitere Funktionen. Mit entsprechenden Schaltungen können Lasten auf mehrere Räder oder Achsen verteilt werden. Geschäftsführer Dr. Mark Wöhrmann: „Unser System wirkt also wie ein hydraulischer Stabilisator, der Wankmomente ohne Zusatzkomponenten abfangen kann. Zusätzlich kann die notwendige Dämpfung für das Fahrzeug direkt in das hydraulische System integriert werden, sodass Federung und Dämpfung durch ein einziges System gewährleistet werden.“
Text: Tim Schulz/pr, Bild: Regionalverkehr