Das Bundesverkehrsministerium hat Forschungsgelder in Höhe von 8,25 Mio. Euro freigegeben, damit im Rahmen des Pilotprojekts „DAC4EU“ (Digital Automatic Coupling for Europe) die Erprobung und Zulassung der Digitalen Automatischen Kupplung (DAK) weiterführt und abgeschlossen werden kann. Ab 2026 sollen dann bis zu 100 Pionierzüge mit serienreifen DAK durch Europa rollen.
Auf dem Weg zur Serienreife
Mit den neuen Mitteln kann das DAC4EU-Konsortium die DAK weiter zur Serienreife und in Richtung eines Einsatzes im europäischen Schienen-Güterverkehr begleiten. Im Konsortium arbeiten neben der Deutschen Bahn (DB AG) und ihrer Tochter DB Cargo auch die schweizerische und die österreichische Güterbahn SBB Cargo und Rail Cargo Austria sowie die Güterwagen-Vermieter Ermewa, GATX Rail Europe und VTG. Unterstützt wird das Projekt von der europäischen Union (EU). Dr. Daniela Gerd tom Markotten, Vorständin Digitalisierung und Technik der DB AG, sagte am 23. Dezember 2024: „Die Digitale Automatische Kupplung beschleunigt den Güterverkehr auf der Schiene und den Verkehrsfluss insgesamt, sie erschließt Kapazitätsreserven im Netz und sie schafft die Grundlage für die weitere Digitalisierung im Güterverkehr. Nach intensiver Forschung, Entwicklung und Erprobung kommen wir der Serienreife immer näher. Jetzt ist es an der Zeit, die innovative Idee mit serienreifen Produkten im Markt zu etablieren.“ Dr. Sigrid Nikutta, Vorständin Güterverkehr der DB AG und Vorsitzende des Vorstands der DB Cargo AG, ergänzte: „Die DAK und mit ihr die Digitalisierung des Schienen-Güterverkehrs ermöglichen neue attraktive und wirtschaftliche Logistikangebote für unsere Kunden in ganz Europa – klimaneutral von Tür zu Tür, von Werkstor zu Werkstor. Mit der DAK können wir unsere Züge schneller und effizienter zusammenstellen und Aufwände reduzieren.“
Güterwagen automatisch verbinden
Im Schienen-Güterverkehr in Europa werden seit mehr als 100 Jahren fast ausschließlich Schrauben-Kupplungen verwendet. Um Wagen zu verbinden, wird ein 20 kg schwerer Bügel auf den Haken des nächsten Wagens gelegt. Die Kupplung wird dann durch Drehen an einem Schraubgewinde hinter dem Bügel gespannt. Die Luftleitung für die Bremsen wird ebenfalls händisch verbunden. Die DAK verbindet Güterwagen automatisch miteinander: Sie stellt ohne Handarbeit des Rangierpersonals eine mechanische und elektrische Verbindung zwischen den Wagen her und verbindet automatisch die Druckluftleitung für die Bremsen. Güterzüge können so deutlich schneller und einfacher zusammengestellt und auf die Strecke geschickt werden. Das macht den Schienen-Güterverkehr und das Eisenbahnsystem insgesamt deutlich effizienter und wirtschaftlicher. Auch neue Geschäftsmodelle werden denkbar, weil mit der DAK erstmals Strom- und Datenverbindungen für alle Wagen eines Güterzuges möglich werden.
Demonstratorzug quer durch Europa unterwegs
Der Demonstratorzug mit DAK-Prototypen verschiedener Hersteller, der seit 2022 im Einsatz ist, hat mittlerweile zahlreiche Tests, Demonstrations- und Erprobungsfahrten erfolgreich absolviert: Der Zug, der aus Kessel-, Container- und anderen Güterwagen besteht, war in neun europäischen Ländern unterwegs, in knapp 30 verschiedenen Rangierbahnhöfen wurden die Waggons mit der DAK rangiert und gekuppelt. Die DAK bewährte sich im Flachland und in den Alpen sowie unter extremen Witterungsbedingungen von minus 25 bis plus 40 Grad. Im Februar 2024 wurde vonseiten der EU entschieden, bei der weiteren Entwicklung der DAK fortan auf die von Voith entwickelte CargoFlex-Frachtkupplung zu setzen. Die automatische E-Kupplung erfüllt alle Vorgaben hinsichtlich Bauhöhe und Gewicht und lässt sich einfach mit nur zwei Schrauben nachrüsten. Durch die geringe Anzahl an Bauteilen ist die Kupplung besonders verschleißarm und einfach zu warten. So ist die zuverlässige Strom- und Datenverbindung jederzeit gewährleistet.
Weitere Vorteile
Die Digitalisierung der Güterzüge mit der DAK bringt Vorteile für das Eisenbahnsystem insgesamt: Die DAK schafft die Grundlage für elektropneumatische Bremsen, wie sie im Personenverkehr längst üblich sind. Dabei werden die Bremsen an allen Wagen eines Zuges gleichzeitig elektronisch aktiviert statt wie bisher per Druckluft, die ihre Wirkung nur verzögert bis zur letzten Bremse am letzten Wagen entfaltet. Das verkürzt den Bremsweg und erlaubt schnellere Fahrten. Dadurch lassen sich Güterzüge besser in den Verkehrsfluss auf der Schiene einreihen.
Erstmals lässt sich durch die DAK und die durchgängige Strom- und Datenleitung von der Spitze bis zum Ende des Zuges auch die Vollständigkeit eines Güterzuges sinnvoll digital überwachen. Heute kontrollieren Achszähler an den Gleisen, dass ein Zug mit ebenso vielen Wagen aus einem Gleisabschnitt herausfährt wie bei der Einfahrt gezählt wurden. Erst danach wird der Gleisabschnitt für den nächsten Zug freigegeben. Bei digitaler Überwachung der Zugvollständigkeit könnten Güter- und Personenzüge mit dem jeweils passenden Sicherheitsabstand verkehren. Ortsfeste Achszähler und starre Gleisabschnitte würden entbehrlich, auf den Gleisen würden zusätzliche Kapazitäten frei und der Zugverkehr damit zuverlässiger und weniger störanfällig.
Text: DB AG/Voith/red, Bild: Deutsche Bahn AG/Pablo Castagnola