Die Wiederbelebung alter Bahnstrecken in Europa ist das Forschungsgebiet von Laurent Guihéry, Professor an der Universität Cergy-Pontoise nordwestlich von Paris. Auf der Suche nach erfolgreichen Projekten ist er auch auf die Mainschleifenbahn gestoßen und recherchierte so Mitte November 2024 vor Ort über die Strecke von Seligenstadt nach Volkach und die Reaktivierungsbemühungen der Mainschleifenbahn-Infrastruktur GmbH (MIG).
Aufwendige Rettung und Reaktivierung
Sehr beeindruckt zeigt sich Guihéry von dem 30-jährigen, ehrenamtlichen Engagement des Fördervereins Mainschleifenbahn e. V. Dem war es gelungen die Strecke vor dem Abbau zu retten, sie wieder aufzubauen, als NE-Bahn neu zuzulassen und seit 2003 als Tourismusbahn erfolgreich zu betreiben. Vereinsziel war und ist seither die Reaktivierung der Strecke für den Nahverkehr ab/bis Würzburg, so Wolfgang Schramm von der Mainschleifenbahn. Dabei sind Konzepte, Dokumente und Kontakte entwickelt worden, die 2021 der kommunalen MIG eine solide Basis für deren Start geliefert hatten. Über die Arbeit dieses Gemeinschafts-Unternehmens der Landkreise Würzburg und Kitzingen informierten die Geschäftsführer Frank Albert und Thomas Götz sowie Projektleiter Stefan Strohmenger. Die Liste war lang: Planungsphasen, Finanzierung, Zuschussverfahren, mögliche Tarife sowie der aktuelle Stand der Reaktivierung. Rasch zeigten sich bei dem Abschlussgespräch im Astheimer Brückenhaus Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Verkehrsprojekten im zentral organisierten Frankreich und im föderalen Deutschland.
Lob für die Mainschleifenbahn
Beeindruckt von dem bisher Erreichten wünschte Guihéry dem aus seiner Sicht beeindruckenden Reaktivierungs-Projekt Mainschleifenbahn gutes Gelingen und bedankte sich bei allen für die intensiven Gespräche. Hintergrund seiner aktueller Forschungsreise ist, dass in Frankreich – auch angesichts der Gelbwesten-Bewegung – Bemühungen laufen, abgehängten Regionen mit rapid schwindender Infrastruktur neues Leben einzuhauchen. Dazu gehört neben ökologischen, sozialen und politischen Aspekten auch die Wiederbelebung alter Eisenbahnstrecken mit neuer Fahrzeugtechnik.
So werden derzeit unter anderem neue, innovative und kostengünstige Schienenfahrzeuge und Konzepte mit klingenden Namen wie TELLI, DRAISY und FLEXI entwickelt. Im Kampf gegen Personalmangel bei Lokführern wird sogar über „Remote Driving“ nachgedacht, also über Züge deren Fahrer nicht mehr im Führerstand, sondern „irgendwo“ sitzt. Zu Guihérys aktuellen Forschungsobjekten gehören neben der Volkacher Strecke unter anderem die Linien Meran – Malles in Südtirol sowie Tabor – Bechyne im tschechischen Böhmerwald.
Text: Wolfgang Schramm, Förderverein Mainschleifenbahn/red, Bild: MIG/Stefan Strohmenger