
Ein Linienbus ist maximal 2,55 m breit. Mehr ist im Straßenverkehr nicht erlaubt. Das gilt selbstverständlich auch für Elektrobusse. Und doch hat es der spanische Hersteller Irizar in Zusammenarbeit mit der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) geschafft, dass die neuen Elektro-Gelenkbusse für Bremen innen unglaublich breit wirken. Dank cleverer Fahrgastraum-Gestaltung, was insbesondere in ihrer persönlichen Mobilität eingeschränkte Fahrgäste – und das meint keineswegs nur Rollstuhlnutzer – zu schätzen wissen werden. „Mobility move“, mal so gesehen, auf der gleichnamigen Kongressmesse des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV).
Der Irizar „ie bus 18“ für Bremen
Auf dieser jährlichen Pflichtveranstaltung für nach vorn schauende Verkehrsbetriebe zeigten der Hersteller Irizar und der koordinierende Importeur Jebsen & Jessen (Hamburg) anhand der neuen Wagen für die BSAG, was möglich ist, wenn man nur will. Der umkonstruierte Vorderwagen des Irizar „ie bus 18“ folgt der speziellen Bremer Linie: Vorne beim Fahrer ein Rollstuhllift, dann Platz zum Durchrollen bis zur Stellfläche jenseits der Vorderräder. Dieser Vorgabe muss der Bus gerecht werden, mit recht breitem Einstiegsraum. Da zudem die Sitzmöbel eher locker positioniert sind, der Innenraum in weiß und grau licht gestaltet ist und dann auch noch der Gelenkbereich im HÜBNER-Faltenbalg nur unmerklich schmaler ausfällt, bleibt das Gefühl besonderer Innenbreite nicht aus. Je zwei Zugänge an Vorder- und Hinterwagen sowie eine Klapprampe an Tür 2 sind weitere Merkmale. 15 dieser Fahrzeuge hat die BSAG bei Irizar geordert, ihr Einsatzstart stand zum Zeitpunkt der Vorstellung Anfang April noch bevor. Fahrzeug Nummer 5 reiste vom Werk via Berlin nach Bremen.
Der Midibus „Sigma 7“ von Wisdommotor
Neben dem langen Bremer stand in Berlin ein Midibus „Sigma 7“. Den verkaufte Jepsen & Jessen bislang als Mellor-Bus, doch das britische Unternehmen hat sich nach neuer Konzernzugehörigkeit von diesem Typ verabschiedet. Dennoch gibt es die Busse weiter, nunmehr von den Hamburgern direkt vom chinesischen Hersteller Wisdommotor bezogen. Das hat Vorteile, etwa mehr Einflussmöglichkeit auf Qualitätsaspekte. Auch kommen die Sigmas demnächst in neuem Design, das sie futuristischer und zugleich erwachsener erscheinen lässt. Drei dieser Midibusse fahren bereits in Kiel, das Messefahrzeug geht nach Tests im Jahr 2024 nun für die City-Ringlinie A nach Regenburg.
Hyundai-Wasserstoffbus für Wien
Die Lackierung verriet den künftigen Einsatzort: Fast zeitgleich zur Präsentation eines solchen Fahrzeugs in Wien stand ein Wasserstoffbus von Hyundai auf der „mobility move“ in Berlin. Der komplett neue „Elec City FC12“ – FC für Fuel Cell, die Brennstoffzelle – zeigt geglättetes, harmonisches Design, wirkt fast schon straßenbahnähnlich und soll speziell für den Export entwickelt sein. Wenn dem so ist, war es ein gelungener Plan, denn der absolut neue Bus wird in europäischen Stadtbildern nicht als kantiger Fremdkörper auffallen.

Die geschlossene Rückwand des Fahrgastraumes mag ungewohnt erscheinen, ist aber dem Technikabteil dahinter geschuldet. Derlei gab es schon vor mehr als 25 Jahren beim Midi-Stadtbus Mercedes-Benz Cito, nur dass damals dahinter ein Diesel werkelte. Jetzt säuselt hier eine Brennstoffzelle. Die Kombination mit Lithium-Ionen-Speichern soll bis zu 750 km Reichweite ermöglichen. Zwar ließen sich Podeste im hinteren Bereich nicht vermeiden, doch sind alle Sitze gut zu erreichen, auch die der letzten Reihe mit kleinem Balkon davor. Kinder werden dies mögen.
MCV: Verkürzter Ägypter
Nächster Auftritt für MCV, nächster Bus des just 30 Jahre aktiven ägyptischen Herstellers MCV. Als „C 107 EV“ kommt eine verkürzte Variante des zuerst in Berlin vorgestellten Elektrobusses, ist in Deutschland diesmal aber sogar bereits im Einsatz: Die 10-m-Kurzversion fährt im seit Ende 2024 vollelektrischen Stadtverkehr von Bad Nauheim (Hessen, sechs E-Busse von MCV).

Die Verkürzung fällt allerdings erst beim zweiten Blick auf, weil nicht nur der Achsstand, sondern auch das Heck eingekürzt wurde, die Proportionen also jenen des 12-m-Bruders insgesamt ähneln. Auch die Achslastverteilung profitiert. Nur die Konstrukteure hatten mehr zu tun, aber der Mehraufwand hat sich augenscheinlich (und ausweislich des schnellen Exporterfolges) gelohnt. Dass der „Kurze“ längenbedingt nur fünf statt der sechs Akkupacks bei Standardmaß trägt, ist im Stadtverkehr verkraftbar.
Kurzer Mercedes-Benz eCitaro K und Kooperation
Bereits bekannt ist und doch erstmals messeöffentlich präsentiert wurde der verkürzte eCitaro K von Daimler Buses. Mit ihm entspricht das elektrische Fahrzeugprogramm den Längen der Dieselwelt mit (jeweils rund) 10, 12 und 18 m, egal welche Antriebsart verbaut wird. Der eCitaro ist seit 2018 am Markt, seit 2023 die Version mit Brennstoffzelle als „Range Extender“ zur Reichweitenverlängerung verfügbar. Die nächsten Schritte wurden ebenfalls bekannt gegeben: 2026 batterie-elektrische Überlandbusse eIntouro und bis 2030 elektrische Reisebusse. Ebenfalls 2030 sollen in Europa alle neuen Stadtbusse mit Stern elektrisch fahren, zehn Jahre später alle neuen Daimler-Nutzfahrzeuge.

Gleich nebenan präsentierte sich das Software-Unternehmen Sinos, Anbieter von Software für E-Bus-Flotten, etwa zum Lademanagement. Kurz vor der Berliner Veranstaltung hatte Daimler Buses eine 49-%-Beteiligung an Sinos (Regensburg) bekannt gegeben. Man wolle über die Beteiligung die Expertise und Innovationskraft von Sinos nutzen, um eine noch besser auf unsere E-Busse abgestimmte Lademanagement-Software zu entwickeln, hieß es. Sinos wurde 2004 gegründet, arbeitet seit 2022 mit Daimler Buses zusammen, gemeinsam sind beide Unternehmen nach eigenen Angaben bereits bei mehr als 20 Verkehrsbetrieben in Europa präsent. Geht es hier um Betriebs- und Betriebshofmanagement für optimierte Abläufe und Verfügbarkeit, kümmert sich die 100-%-Tochter Daimler Buses Solutions GmbH um Beratung und schlüsselfertige Konzeption vom Bus über Betriebshofbau und Inbetriebnahme bis zum Lademanagement, für Batterie- wie für Brennstoffzellenbusse.
Elektrisch mit Tempo 100 über die Autobahn
Iveco zeigte bereits einen rein elektrischen Überlandbus auf der mobility move, frisch aus dem Werk mit Tempo 100 über die Autobahn direkt nach Berlin überführt. Der in Tschechien gebaute 12-m-Wagen Crossway LE elec ist auf solche Verkehre ausgerichtet, bietet viele Sitz und nur maximal acht Stehplätze. Auf der Autobahn darf eh niemand stehen. Alle Sitze, auch die klappbaren, sind mit Rückhaltegurten versehen. Markant ist der wegen der Low-Entry-Bauweise im hinteren Bereich erhöhte Boden über dem Zentralmotor: drei Stufen, weitere zwei im Heck. Die letzten zwei Sitzreihen sind dabei direkt auf dem Boden montiert, was zumindest etwas Gewöhnung und gewisser Sportlichkeit bedarf.
Gegenstück Nemo Paderborn
Die Mobility Move 2025 war um eine weitere Halle gewachsen, dort fanden sich neben weiteren Zulieferern für Verkehrsbetriebe auch Angebote zum automatisierten und bedarfsgesteuerten Fahren. Der mit Abstand kleinste „Bus“ in Berlin dort trug den Namen Nemo, stammt von Inyo-Mobil (Grafing bei München) und soll zunächst um Paderborn den Nahverkehr im ländlichen Raum revolutionieren, ebenso auf P+R-Plätzen, in Ferienressorts oder Werksarealen.

Der autonome Elektro-Zwei- bis -Viersitzer soll bedarfsorientiert fahren, sich digital-elektronisch aber auch im „Convoy Trip“ zu Wagenketten zusammenfinden können. Alles vollautomatisch, alles direkt vom Start zum Ziel: Das Inyo-Cab ist ein aparter Leichtbau-Kleinstwagen, der sich als Bedarfsbus „für die erste und letzte Meile“ versteht. Nemo steht dabei ganz einfach für Neue Mobilität.
Text: Achim Uhlenhut, Bilder: Achim Uhlenhut