Überschwemmungen in Valencia (Spanien) sowie Unwetter im Südschweizer Kanton Wallis und in Niederösterreich führen dazu, dass sich beim Fahrzeug-Hersteller Stadler die Auslieferung von Zügen und Lokomotiven verzögert. Aktuell können rund 400 Mitarbeitende aus dem Süden Valencias das Werk im Norden der Stadt nicht erreichen, da die Straßen und der ÖPNV unterbrochen sind. Die Werksanlagen blieben unbeschädigt, mehrere Außenlager wurden jedoch in Mitleidenschaft gezogen. Schwer getroffen wurden rund 30 Zulieferer, deren Produktions- und Lagerhallen zerstört oder mit Schlamm überflutet worden sind. Diese können die benötigten Komponenten nicht liefern, weshalb Stadler Valencia zwischen 150.000 und 200.000 Produktionsstunden auf das Jahr 2025 verschieben muss. Damit können auch Fahrzeuge nicht wie geplant ausgeliefert werden – in Valencia werden Eurodual-Lokomotiven und TramTrains gefertigt.
Beeinträchtigungen durch Überschwemmungen
Ende Juni 2024 flutete ein Unwetter die Rhone-Ebene und damit auch das Constellium-Werk im Wallis. Die Fabrik des Stadler-Zulieferers für Aluminium-Profile stand mehrere Monate still, 800 t Material müssen entsorgt werden. Seit Ende Oktober 2024 können wieder erste Aluprofile zum Bau von Wagenkästen geliefert werden. Allerdings wird Constellium den Rückstand voraussichtlich erst Ende August 2025 aufgeholt haben. Probleme gab es auch in Niederösterreich: Im September 2024 brach nach tagelangen Regenfällen der Damm eines Hochwasserkanals und flutete das Stadler-Inbetriebnahme-Zentrum in Dürnrohr, das auf dem Gelände eines Kraftwerks angesiedelt ist. Das Wasser stand einen halben Meter hoch in der Zelthalle, in der die neuen Doppelstockzüge des Typs ÖBB Cityjet Doppelstock in Betrieb genommen werden. Eine vierteilige Einheit wurde dadurch zerstört.
Verzögerungen in Berlin
Negativen Einfluss auf das Geschäftsjahr 2024 haben auch Verzögerungen in der Auslieferung der Züge für die U-Bahn Berlin. Stadler hat 2019 eine internationale Ausschreibung der Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) gewonnen, worauf Mitbewerber Alstom Einspruch eingelegt hatte. Dadurch verschob sich die Unterzeichnung des Rahmenvertrags um über ein Jahr. Nach der Unterschrift im Frühjahr 2020 brach die Covid-Pandemie aus und unterbrach zeitweise die Abwicklung des Auftrags. Software-Probleme verzögerten die Lieferung zusätzlich. Zudem wurden bisher erst rund 376 der insgesamt 1500 Wagen bestellt. Dies führte zu einer Unterauslastung im Werk Berlin-Pankow.
Rückgang der EBIT-Marge
Nach ersten Bewertungen führen diese unvorhersehbaren Ereignisse 2024 zu einer geringeren EBIT-Marge (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) um maximal 2 %. Stadler rechnete vor diesen Ereignissen mit einer EBIT-Marge von über 5 %. Ein Teil des Umsatzes 2024 verschiebt sich ins Jahr 2025 – in welchem Ausmaß, kann aktuell noch nicht gesagt werden. Allerdings erwartet Stadler, dass das bisher angestrebte Umsatzziel 2024 von 3,5 bis 3,7 Mrd. Schweizer Franken (CHF) nicht mehr erreicht werden kann.
Die Auswirkungen der Ereignisse auf die Geschäftsjahre 2025 und 2026 sind aktuell noch nicht abschätzbar. Aufgrund dessen sieht sich Stadler gezwungen, die Umsatzziele für 2025 und 2026 auszusetzen. Nach erfolgter Überarbeitung des Budgets 2025 sowie der Finanzplanung 2026 und 2027 wird Stadler die neue Guidance im ersten Quartal 2025 bekannt geben.
Gefüllte Auftragsbücher
Die Auftragsbücher von Stadler sind gut gefüllt. Im ersten Halbjahr 2024 erreichte der Auftragsbestand mit 26,8 Mrd. CHF einen Höchststand. Aktuell befinden sich 188 neue Aufträge in der Abwicklung und 150 weitere noch in der Garantiephase. Derzeit arbeitet Stadler ein Aufholprogramm aus, um die durch die Überschwemmungen entstandenen Verzögerungen aufzuholen.
Text: red/pr, Bild: Stadler Rail