
Eine eng betreute Masterarbeit am Fachgebiet Verkehrsplanung und Verkehrssysteme der Universität Kassel (Leitung: Prof. Dr.-Ing. Carsten Sommer) hat erhoben, wie sich die Nachfrage im Linienverkehr in Nordhessen nach Einführung des Deutschland-Tickets entwickelt hat. Auch die Entwicklung im Pkw-Verkehr wurde ermittelt. Die Untersuchung fand im Zeitraum 1. Mai 2023 bis 24. März 2024 statt, also nach Einführung des D-Tickets für 49 Euro pro Monat. Der Vergleichszeitraum war 1. Mai 2022 bis 25. März 2023. Datengrundlage waren automatische Fahrgastzählsysteme auf 25 Buslinien in den ländlich geprägten Landkreisen Kassel, Werra-Meißner, Waldeck-Frankenberg, Schwalm-Eder und Hersfeld-Rotenburg. Das Angebot auf den ausgewählten Buslinien hatte sich in den Zeiträumen vor und nach Einführung des D-Tickets nicht verändert.
Mehr Fahrgäste im Busverkehr
Die Detailauswertung hält für Verkehrspolitik und Verkehrsanbieter bundesweit wichtige Erkenntnisse bereit. Demnach hat die Anzahl der Beförderungen im Busverkehr nach Einführung des D-Tickets um 10,3 % zugenommen – und das, obwohl es im Vergleichszeitraum 2022/23 kurzfristig mit dem 9-Euro-Ticket ebenfalls ein attraktives Angebot gab. Die Steigerung liegt deutlich über dem Bundesschnitt von 7,3 %. Der Pkw-Verkehr in der Stadt Kassel (ermittelt an 75 Zählstellen) nahm im selben Zeitraum um 0,8 % ab. Nach Auskunft des Nordhessischen Verkehrsverbundes (NVV) lag die Zahl der D-Ticket-Abonnements im NVV-Gebiet zum 1. Februar 2025 bei fast 53.000 und damit deutlich über dem Vorjahr (Am 1. Februar 2024 waren es 44.900). Mehr als 40 % der D-Tickets wurden von Bewohnerinnen und Bewohnern außerhalb der Stadt Kassel abonniert.
Sehr gutes NVV-Angebot
„Das Beispiel NVV zeigt, dass auch und gerade im ländlichen Raum durch das Deutschlandticket mehr Fahrgäste gewonnen werden können als in urbanen Räumen – wenn das Angebot stimmt“, urteilte Prof. Dr.-Ing. Carsten Sommer. Er attestierte dem NVV ein im Deutschland-Vergleich sehr gutes Angebot, vor allem durch die Strategie „Jedes Dorf – jede Stunde“. Danach ist jeder Ort im NVV-Gebiet ab einer Größe von etwa 200 Einwohnern mindestens im Stundentakt mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Sommer: „Diese Strategie ist nicht nur vor dem Hintergrund der Klimaschutzziele richtig, sondern bietet vielen Menschen auch eine echte Alternative, wenn ab 2027 die Kraftstoffpreise deutlich steigen sollten.“
Weniger Abhängigkeit vom Auto
Ab 2027 bilden sich die Preise für den CO₂-Ausstoß von Gebäuden und Verkehr über den europäischen Emissionshandel. Fachleute gehen davon aus, dass dadurch Preissteigerungen in einer Größenordnung von 30 bis 40 Cent pro Liter eintreten könnten. Prof. Dr.-Ing. Sommer abschließend: „Die Kombination aus einem attraktiven Angebot und einem kostengünstigen Deutschland-Ticket garantiert die soziale Teilhabe und verringert die Abhängigkeit vom Automobil.“
Text: Universität Kassel/red, Bild: NVV