Neben Abgas-Emissionen haben Abriebs-Emissionen von Reifen und Bremsen bei der Bewertung der Umweltbelastung durch Verkehr zunehmend an Bedeutung gewonnen. Der Fokus lag bisher aber auf Straßenfahrzeugen, die Schiene wurde kaum betrachtet. In einer im Auftrag des Deutschen Zentrums für Schienenverkehrs-Forschung (DZSF) erstellten Studie konnten Forschende des Instituts für Thermodynamik und nachhaltige Antriebssysteme der TU Graz (Österreich) nun belegen, dass so genannte Non-Exhaust-Emissionen des Schienenverkehrs ebenfalls einen relevanten Einfluss auf Luftqualität und Boden-Verunreinigung haben.
Hälfte des täglichen Feinstaub-Grenzwerts allein durch Züge
Dies trifft besonders auf Gebiete entlang von Streckenabschnitten zu, auf denen vermehrt gebremst wird; dazu gehören Bahnhofszufahrten und Teilstücke mit Geschwindigkeits-Begrenzungen. Die Abriebs-Emissionen von Schienenfahrzeugen allein erreichten im für die Studie untersuchten Augsburg entlang von Bahntrassen Werte von bis zu 25 Mikrogramm Feinstaub der Kategorie PM10 (Partikel mit einem Durchmesser kleiner als zehn Mikrometer) pro Kubikmeter als Tagesmittelwert. Das entspricht bereits der Hälfte des zulässigen Grenzwerts von 50 Mikrogramm je Kubikmeter.
Mit zunehmender Entfernung von den Bahntrassen – ab etwa zehn Metern – geht die Belastung durch den Abrieb der Schienenfahrzeuge zwar rasch zurück, doch die Feinstaubpartikel gelangen auch in den Boden und Gewässer und lagern sich dort ab. In den Abriebs-Emissionen von Eisenbahnen ist der Schwermetallanteil wesentlich höher als bei anderen Verkehrsträgern, was sich in stärker belasteten Ablagerungen niederschlägt. Am Projekt beteiligte Chemiker des DZSF konnten diese Rückstände in Gewässern nachweisen.
Beitrag zum Schließen der Datenlücke
Um die Zusammensetzung und Quelle der Abriebspartikel bestimmen zu können, wurden die beteiligten Komponenten in verschiedenen Laboren untersucht. An der TU Graz testete ein Team um Daniel Fruhwirt mehrere Bremsbeläge im neuen Bremsenprüfstand für Schienenfahrzeuge. Am Politecnico di Milano untersuchten die Forschenden den Abrieb des Fahrdrahts und des Stromabnehmers, um die Feinstaub-Emissionen von Zügen an Oberleitungen ebenfalls einordnen zu können. Und bei DB Systemtechnik in Berlin nahm das Team den Rad-Schiene-Kontakt unter die Lupe. Mit den so gewonnenen Daten war es möglich, die Emissionen in Luft, Böden und Gewässern den Schienenfahrzeugen zuzuordnen.
„Auf Basis unserer Studie können wir klar sagen: Die Non-Exhaust-Emissionen der Schiene sind nicht vernachlässigbar“, erklärt Daniel Fruhwirt vom Institut für Thermodynamik und nachhaltige Antriebssysteme der TU Graz. „Bevor wir diese Studie gemacht haben, gab es eine riesige Datenlücke, was die Abriebs-Emissionen der Schienenfahrzeuge betrifft, und wir konnten einen wesentlichen Beitrag leisten, um sie zu schließen. Die Emissionen sorgen zwar nicht im Alleingang dafür, dass Schadstoff-Grenzwerte überschritten werden, aber im Gesamtmix spielen sie durchaus eine Rolle. Daher ist es wichtig, dass es Bestrebungen gibt, bei der Bremszertifizierung in Zukunft auch das Emissionsverhalten zu beurteilen.“
Text: TU Graz/red, Bild: ITnA – TU Graz