
Der demografische Druck auf die Branche ist gewaltig: Allein im ÖPNV fehlen bundesweit bereits heute 20.000 Bus-Fahrerinnen und -Fahrer sowie 3000 Triebfahrzeug-Führer und -Führerinnen (Tf). Derzeit sind rund 100.000 Busfahrer in Deutschland tätig, im Schienenverkehr arbeiten rund 40.000 Tf. Jährlich gehen rund 6000 Mitarbeitende im Bus- und Tram-Fahrdienst in den Ruhestand.
Große Herausforderungen
Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hat nun zusammen mit der Digitalberatung nexum erste Ergebnisse der „Großen Deutschlandumfrage Fahrpersonal Bus & Bahn 2025“ vorgelegt. Das Fahrpersonal des öffentlichen Personen- und Schienengüterverkehrs wurde direkt befragt, insgesamt beteiligten sich 1425 Beschäftigte aus ganz Deutschland. Neben Einschätzungen der Teilnehmer zu den Rahmen-Bedingungen ihres Jobs liefert die Befragung auch interessante Erkenntnisse, wie und warum sich die Fahrenden für diesen Beruf entschieden haben. Harald Kraus, Vorsitzender des VDV-Personalausschusses und Vorstandsvorsitzender der VDV-Akademie, sagte bei der Vorstellung der Ergebnisse am 15. Mai 2025: „Wir sind vor allem beim Fahrpersonal aus demografischen Gründen mit großen Herausforderungen bei der Personalgewinnung konfrontiert. Deshalb ist es wichtig, möglichst genau einzuschätzen, wie die aktuellen, aber auch potenziellen künftigen Fahrerinnen und Fahrer auf diesen Job und seine Rahmen-Bedingungen blicken.“
Anforderungen an Politik und Verkehrsbranche
Die Ergebnisse der Studie lassen sich in Anforderungen an Politik und Branche unterteilen: Für die Politik ergeben sich insbesondere vier Handlungsfelder – erstens muss die Finanzierung für die Anpassung von Arbeitszeitmodellen und Löhnen ausgebaut werden. Zweitens braucht es bundeseinheitliche Sicherheitsstandards, etwa bei technischer Ausstattung, Videospeicherfristen und Sicherheits-Partnerschaften. Drittens kann das Potenzial in Aus- und Weiterbildung besser ausgeschöpft werden – durch Abbau von Qualifizierungshürden, Förderung von Umschulungen und den vereinfachten Busführerschein-Erwerb. Nicht zuletzt muss die Integration von Migrantinnen und Migranten über angepasste Sprachanforderungen und gezielte Förderung erleichtert werden.
Aber auch die Branche selbst ist bei den Themen Quereinsteiger-Gewinnung, Arbeitgeber-Attraktivität und Digitalisierung der Rekrutierungs-Prozesse gefordert. Bessere Arbeitsbedingungen und ein wertschätzender Umgang durch die Fahrgäste sind aus Fahrpersonal-Sicht zentrale Faktoren, um ihren Beruf attraktiver zu machen. Laut Deutschland-Umfrage empfinden 30 % der Beschäftigten die Dienstpläne in Teilen als nur schwer vereinbar mit dem Privatleben. Der unmittelbare Fahrgastkontakt und der zunehmende Stress im Straßenverkehr werden zudem oft als belastend empfunden. Dazu erklärt Harald Kraus: „Die Verkehrsunternehmen tun bereits viel, um Dienstpläne, Arbeitsbelastung und finanzielle Rahmen-Bedingungen im Fahrdienst zu verbessern. Aber ein höherer Verdienst oder eine arbeitnehmer-freundlichere Dienstplan-Gestaltung können nur durch weitere finanzielle Mittel umgesetzt werden. Geld, das die Unternehmen allein nicht aufbringen können.“
Stärkerer Fokus auf Quereinsteiger
Laut Umfrage kamen 54 % der Teilnehmer als Quereinsteiger in die Branche. Lisa Behrendt, Lead Consultant Employer Branding bei nexum, gibt den Verkehrsunternehmen bei der Personalgewinnung deshalb folgenden Rat: „Die Prozesse zur Bewerbung, Einarbeitung und Qualifikation müssen stärker auf diese Zielgruppe ausgerichtet sein.“ 31 % der Befragten nannten Social Media als Bewerbungskanal, 50 % fanden über Karriereseiten in den Beruf. Bei den digitalen Bewerbungsprozessen besteht aber dennoch großes Potenzial, so Behrendt. Denn für die unter 30-Jährigen sind digitale Ansprache und moderne Unternehmenskultur wichtig. Die Präsenz auf verschiedenen digitalen Bewerbungs-Plattformen, transparente Infos zu Gehalt und Arbeitszeiten sowie Arbeitgeber-Bewertungen sind zentral für das Employer Branding, wenn es um die branchenübergreifende Ansprache jüngerer Zielgruppen geht. Behrendt: „Wer die jungen Zielgruppen und Quereinsteiger besser erreichen will, muss mit Authentizität, Respekt und digitalen Mitteln kommunizieren – und auf Augenhöhe. Eine zeitgemäße Karriereseite mit echten Einblicken, klaren Erwartungen und Gehaltsinformationen ist keine Zusatzleistung mehr, sondern Grundvoraussetzung.“
Weitere Ergebnisse der Großen Deutschlandumfrage Fahrpersonal Bus & Bahn 2025 finden sich hier.
Text: VDV/nexum, red, Bild: Adobe Stock / AntonioDiaz