Der VDV, Branchenverband des öffentlichen Personen- und Eisenbahnverkehrs, veröffentlichte am 16. September 2024 die zehnte Ausgabe seiner so genannten VDV-Maßnahmenliste. Sie stellt aus Sicht der Eisenbahn-Verkehrsunternehmen (EVU) sowohl des Personen- als auch des Güterverkehrs sowie der SPNV-Aufgabenträger erforderliche Investitionsmaßnahmen für Deutschlands Schienennetz zusammen. Mit 813 Vorschlägen, darunter über 400 neuen, konkretisiert der Verband anhand konkreter Projektvorschläge den Ruf nach einer auskömmlichen und langfristig stabilen Finanzierungslinie für den Ausbau und die Modernisierung des Netzes als wesentlichen Baustein der Verkehrswende.
Kleine und mittlere Maßnahmen
„Mehr als die Hälfte der in der Liste enthaltenen Maßnahmen sind mit vergleichsweise geringem Mitteleinsatz realisierbar und würden den Güterbahnen in Deutschland sofort helfen“, betonte VDV-Vizepräsident Joachim Berends in Berlin. Dabei handelt sich um kleine und mittlere Maßnahmen, die wesentlich schneller und effizienter umgesetzt werden können als die großen Projekte des Bedarfsplans für den Ausbau der Bundesschienenwege. Berends: „Viele dieser Maßnahmen sind bereits in die Vorhabenliste der Beschleunigungskommission Schiene aufgenommen worden und tragen entscheidend zur Steigerung der Netzleistung, zur Stabilisierung des Betriebs und zur Verbesserung der Angebotsqualität bei.“
Unter den Vorschlägen zu finden ist beispielsweise die 25 km lange Strecke von Husum nach Jübeck in Schleswig-Holstein: Deren Höchstgeschwindigkeit müsste auf 120 km/ erhöht werden, außerdem ist der Bau eines Kreuzungsbahnhofs erforderlich, um die Verbindung auch für den Güterverkehr und als Umleiterstrecke nutzen zu können. Auch die eingleisige Linie Neumünster – Bad Oldesloe sollte zweigleisig ausgebaut und elektrifiziert werden, um eine Ausweichstrecke zur Verfügung zu haben und um neue Verbindungen im SPNV anbieten zu können (zum Beispiel Züge von Kiel über Bad Oldesloe nach Hamburg). In Niedersachsen müsste die stark durch den Güterverkehr beanspruchte Verbindung Rotenburg (Wümme) – Verden zweigleisig ausgebaut werden. In NRW sollen auf zahlreichen Nebenbahnen neue Kreuzungsbahnhöfe bzw. zweigleisige Kreuzungsabschnitte entstehen, beispielsweise auf den Linien von Münster nach Rheda-Wiedenbrück und Gronau sowie zwischen Dortmund und Lüdenscheid. In Rheinland-Pfalz könnte der Streckenabschnitt Gau-Algesheim – Neubrücke elektrizifert werden, um elektrische Züge zwischen Mainz und Saarbrücken anbieten zu können. Um die eingleisige, zum Bodensee führende Linie München – Kißlegg – Lindau leistungsfähiger für den Nah-, Fern- und Güterverkehr zu machen, ist auch hier der Bau von Kreuzungsbahnhöfen und Begegnungsabschnitten erforderlich.
Erfolgsmodell VDV-Maßnahmenliste
Die VDV-Maßnahmenliste hat sich für die EVU und die SPNV-Aufgabenträger immer mehr zu einem wertvollen Instrument entwickelt, um infrastrukturelle Engpässe gezielt bei den Entscheidungsträgern anzusprechen – sei es bei der DB InfraGO AG, beim Bund oder bei den Ländern. Die Bahn erhält durch die Liste detaillierte Informationen über die Bedürfnisse des Marktes und kann das Netz gezielt weiterentwickeln. Auch der Bund profitiert, denn er erhält als Eigentümer und Hauptfinanzierer der Eisenbahn-Infrastruktur wertvolle Rückmeldungen, ob die bestehenden Strukturen und Finanzierungsinstrumente den Anforderungen des Marktes gerecht werden.
Appell an die Politik
Der VDV fordert eine deutliche Erhöhung der Haushaltsmittel für den Titel „Engpassbeseitigung und Umsetzung D-Takt“ im Bundeshaushalt 2024. Die Erhöhung der Mittel auf 108 Mio. Euro, was nahezu einer Verdopplung entspricht, ist dabei das klar definiertes Mindestziel der Eisenbahnen. „Auch wenn dieser Betrag im Vergleich zu den gesamten Bundeszuschüssen für Investitionen in die Bundesschienenwege gering erscheint, wäre dies ein positives Signal“, betonte VDV-Vizepräsident Joachim Berends abschließend. Neben einer klaren Rechtsgrundlage sei eine perspektivische Erweiterung des jährlichen Haushaltsrahmens auf mindestens 150 Mio. Euro erforderlich. Nur so können alle notwendigen Maßnahmen unterstützt werden.
Die 10. VDV-Maßnahmenliste steht hier zum Herunterladen bereit.
Text: VDV/red, Bild: Deutsche Bahn AG/Volker Emersleben