Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hat das Positionspapier „Zukunftsfähige Mobilität im ländlichen Raum. Sechs Schritte zu einem attraktiven öffentlichen Personenverkehr“ herausgebracht. VDV-Präsident Ingo Wortmann sagte anlässlich der Veröffentlichung am 18. Dezember 2024: „Es ist die zentrale Aufgabe der nächsten Bundesregierung, die Frage der öffentlichen Mobilität im ländlichen Raum mit Zielen und Mitteln zu beantworten – und damit sowohl die regionale Wirtschaft zu stärken als auch dem grundgesetzlichen Anspruch der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in unserem Land näher zu kommen.“ Während Städte vor allem mit dem Problem überlasteter Verkehrswege kämpften, können laut VDV die Mobilitätsbedürfnisse im ländlichen Raum oftmals nicht angemessen abgedeckt werden.
Alternativen zum Auto schaffen
Laut Branchenverband wünschen sich 90 % der ländlichen Bevölkerung ein besseres und verlässlicheres ÖPNV-Angebot, um auf das Auto verzichten zu können. Dafür braucht es ein flächendeckendes und verlässliches Angebot: Ein 60-Minuten-Takt kombiniert mit On-Demand-Lösungen muss zur Selbstverständlichkeit werden, so der VDV. Gleichzeitig dürfe die Reisezeit mit Bus und Bahn nicht mehr als das anderthalbfache der Dauer einer Autofahrt betragen. Hinzu kämen der dringende Handlungsbedarf bei der Barrierefreiheit – derzeit erfüllen 40 % der Haltestellen die Standards nicht – und bei der digitalen Anbindung: 100 % Netzverfügbarkeit seien für moderne und kundenfreundliche Mobilität im ländlichen Raum unverzichtbar. Wortmann: „Nur so schaffen wir echte Alternativen zum Auto.“
Herausforderung Fachkräftemangel
Den Fachkräftemangel stuft der VDV dabei als eine der größten Herausforderungen für den ÖPNV im ländlichen Raum ein. Darum müsse die ausstehende Busführerschein-Reform dringend die Bedürfnisse der Verkehrsunternehmen berücksichtigen. Wortmann: „Gleichzeitig müssen wir die Integration ausländischer Fachkräfte erleichtern, indem wir die Anerkennung von Abschlüssen beschleunigen und eine in jeder Hinsicht spürbare Willkommenskultur schaffen.“ Laut Positionspapier spielt auch die Digitalisierung der Berufsausbildung eine Schlüsselrolle: „Sie verringert Pendelzeiten für Auszubildende und stärkt die Ausbildungs-Kapazitäten, insbesondere in kleineren Unternehmen. Nur so können wir die Personalbasis schaffen, die wir für das Fahrplanangebot der Zukunft brauchen“, so der VDV-Chef.
Sechs Themen für einen erfolgreichen ÖPNV
Das Positionspapier arbeitet in sechs Themenfeldern Herausforderungen und Maßnahmen für den ÖPNV im ländlichen Raum heraus.
- Stärkung der ÖPNV-Kultur: Die Hälfte der Bevölkerung lebt im ländlichen Raum, deshalb müssen Raumplanung und ÖPNV von Anfang an zusammen gedacht werden, während aktive Kooperationen mit zivilgesellschaftlichen Akteuren die Nutzung des ÖPNV fördern. Gleichzeitig muss die Einbindung von Entscheidungsträgern wie Landräten oder Abgeordneten durch gezielte Aktionen das Bewusstsein für die Bedeutung des ÖPNV stärken.
- Leistungsangebot: Ein flächendeckender 60-Minuten-Takt kombiniert mit On-Demand-Angeboten ist notwendig. Die Fahrzeit im ÖPNV darf nicht länger als das 1,5-fache einer Autofahrt betragen. Ergänzend dazu sorgt ein integrierter Fahrplan mit Takt- und Anschlusszeiten für bedarfsorientierte Mobilität.
- Digitalisierung: Der lückenlose Ausbau von schnellem Internet und WLAN muss gewährleistet werden, um digitale Echtzeit-Informationen zu ermöglichen und den ländlichen ÖPNV attraktiver zu gestalten. Darüber hinaus müssen Verwaltungsprozesse digitalisiert werden, um Förderanträge und Planungsabläufe effizienter zu gestalten.
- Infrastruktur und Flottenmodernisierung: Die Antriebswende erfordert langfristige Fördermittel zur Umstellung der Flotten, während gleichzeitig Bürokratie-Abbau bei Förderprozessen die Modernisierung beschleunigen muss. Die Anpassung und der Ausbau der Lade-Infrastruktur sind essenziell, um die klimapolitischen Ziele zu erreichen.
- Finanzierung und Tarife: Eine langfristige und verlässliche Finanzierung des Deutschland-Tickets sowie zusätzliche Mittel für den Ausbau des ländlichen ÖPNV-Angebots sind unabdingbar. Gleichzeitig braucht es eine faire Einnahme-Verteilung, die den besonderen Herausforderungen ländlicher Regionen Rechnung tragen.
- Personal und Bildung: Die Busführerschein-Reform muss die Anforderungen des ÖPNV berücksichtigen. Die Digitalisierung der Berufsausbildung soll Auszubildende entlasten und die Personalgewinnung stärken. Zugleich muss die Integration von ausländischen Fachkräften durch schnellere Anerkennungsverfahren und Unterstützungsmaßnahmen erleichtert werden.
Weitere Infos
Das VDV-Positionspapier steht hier zum Download bereit. Der Branchenverband verweist zudem auf seine Veranstaltung „ÖPNV im ländlichen Raum – Potenziale, Erkenntnisse und neue Wege“, die am 15. und 16. Mai 2025 in Hannover stattfindet.
Text: VDV/red, Bild: Regionalverkehr