Der gesamte Schienengüter- und Personenverkehr in Norddeutschland war ab dem 28. November 2024 unterbrochen bzw. massiv beeinträchtigt, weil ein Baum bei Suderburg auf eine Oberleitung auf der Strecke zwischen Hamburg und Hannover gefallen ist. Die Oberleitung war gerissen, zahlreiche Züge fielen aus oder mussten Umwege über Rotenburg (Wümme) fahren und verspäteten sich.
Großstörung hätte vermieden werden können
Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) sieht den Grund für die massiven Zugausfälle und Verspätungen unter anderem in einer Zunahme von Extrem- und Schlechtwetter-Ereignissen, die einen vorbeugenden und verstärkten Rückschnitt von Bäumen und Ästen vor allem im Hauptschienennetz nötig machen, um Ausfälle und Störungen in großem Ausmaß zu vermeiden. Der Branchenverband verweist in diesem Zusammenhang auf die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und im Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) verankerte Verkehrssicherungspflicht. VDV-Vizepräsident Joachim Berends sagte am 2. Dezember 2024: „Besonders ärgerlich ist es, dass das alles hätte vermieden werden können, wenn die nötige Vegetationspflege, also das Zurückschneiden der Bäume und Äste an dieser Stelle rechtzeitig stattgefunden hätte. Es darf nicht passieren, dass Menschen an Bahnhöfen stehen bleiben oder Güterzüge nicht in den Produktionsstätten ankommen, weil Äste oder Bäume nicht vorbeugend und konsequent zurückgeschnitten werden.“
Allgemeines Eisenbahngesetz wurde 2021 ergänzt
Das AEG enthält diesbezüglich eindeutige Regelungen: Wer die Verfügungsgewalt über ein Grundstück besitzt, ist verpflichtet, auf dem Grundstück innerhalb eines 50 m breiten Streifens beidseits entlang der Gleise, (…) die geeigneten, erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um Gefahren für die Sicherheit des (…) durch umsturzgefährdete Bäume, herausbrechende oder herabstürzende Äste, sonstige Vegetation (…) abzuwehren. Berends ergänzte: „Auf Betreiben der Branche wurde bereits im Jahr 2021 im AEG zusätzlich geregelt, dass den Eisenbahnen für Nachbargrundstücke das Recht zur Betretung und zur Ersatzvornahme eingeräumt wurde, um Gefahren aus der Vegetation zu sichten und zu beseitigen.“
VDV-Schrift 613 gibt konkrete Empfehlungen
In den letzten Jahren haben Extremwetter-Ereignisse – insbesondere Stürme – wiederholt zu derart massiven Störungen des Bahnbetriebs geführt, dass die gesetzlich verankerte Betriebspflicht zum Betrieb der Eisenbahn-Infrastruktur an vielen Stellen nicht mehr erfüllt werden konnte. Die Häufigkeit, räumliche Ausdehnung und Dauer von Extremwetter-Ereignissen sind nicht oder allenfalls sehr kurzfristig prognostizierbar, dennoch kann bei der Vegetationspflege vorbeugend darauf geachtet werden. Die Branche hat dazu bereits vor zwei Jahren ein aktualisiertes Empfehlungs- und Maßnahmenpapier veröffentlicht. In der VDV-Schrift 613, die von Experten der Eisenbahn-Unternehmen und des VDV erarbeitet wurde, werden konkrete Maßnahmen und Empfehlungen beschrieben, wie dem Gefährdungspotenzial von herunterfallenden Ästen oder umstürzenden Bäumen entlang von Schienenwegen vorgebeugt werden kann. Dabei geht es beispielsweise um Mindestabstände, um die richtige Pflege und Inspektion sowie um den Einsatz gehölzfreier Vegetation.
„Witterungsbedingte Schäden an der Vegetation entstehen selten ad hoc, sondern sind bei regelmäßiger Pflege und Beobachtung frühzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Es müssen bereits vorausschauend und präventiv Äste oder Bäume entfernt werden, bevor sie herunterfallen oder umstürzen. Genauso wichtig ist auch, dass die vorhandene Vegetation regelmäßig und ausreichend zurückgeschnitten wird. Das oberste Ziel muss ein sicherer und zuverlässiger Eisenbahn-Betrieb sein“, so Berends abschließend.
Text: VDV/red, Bild: Regionalverkehr